Mühlenspiegel 44

Zeit, das sich was dreht... / 27 Projekte und Freundschaften zwischen unseren Schulen, den Sportvereinen, der Feuerwehr und den unterschiedlichen kulturellen Vereinen, wie unseren Chören oder Musikschulen. Mal fahren wir hin, mal kommen sie her. Demnächst ist sogar ein wirtschaftlicher Austausch geplant. Eine unserer Begegnungen stand unter dem Motto: Fremd sein – Freund sein! Und im Nachhinein hätte das Motto nicht besser gewählt worden sein können. Denn jede persönliche Interaktion und jedes Erlebnis stärkt sowohl die europäische Identifikation als auch das Gemeinschaftsgefühl. Fremd sein – Freund sein Speziell bei unseren Jugendlichen ist festzustellen: Sie blicken hinter die Kulissen und erleben eine neue Kultur. Sie machen somit grundlegende, neue Lebenserfahrungen. Vieles ist anders, als man vorher erwartet hätte. Vorurteile werden abgebaut, kulturelle Unterschiede treten im Umgang miteinander, beim Essen, in der Sprache und im Leben allgemein auf, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen. Gerade diese Erlebnisse, bei denen etwas Neues auf sie einströmt, wo durch neue Erkenntnisse Vorurteile korrigiert werden müssen, diese sogenannten „Diskrepanz-Erlebnisse“ ermöglichen erst das interkulturelle Lernen und erweitern den Horizont. Sicher wird sich einiges mit der Zeit abschwächen, aber es bleiben die persönlichen Kontakte, die entstanden sind, die gemeinsamen Erinnerungen, die den Blick auf den jeweils anderen erweitert haben und so auch den europäischen Gedanken weiter tragen. Gänsehautmomente Und dann sind da auch diese besonderen, sehr emotionalen Momente: Wenn zum Beispiel auf dem Dorfplatz von Cassano delle Murge auf einmal alle zigtausend Lampen angehen, eine leichte Brise über die Plaza weht und 4000 Italienerinnen und Italiener dem Gesang unseres Chores lauschen, während der Wind die Klänge durch die Gassen trägt. Oder wenn hundert kleine Fußballerinnen und Fußballer ihren Kameraden zujubeln und abklatschen, weil sie das Turnier gewonnen haben – das sind Gänsehautmomente, die mir/uns recht geben, dass das, was wir tun, zur rechten Zeit am rechten Ort geschieht. Die Emotionen, die ich dann um mich herum wahrnehmen kann, sind so überwältigend, so prägend … nicht nur für mich. Das ist der Motor, der mich immer wieder antreibt, neue, weitere Wege zu gehen. Denn wenn wir es schaffen, dass sich diese Art des Austausches etabliert, dann werden auch kommende Generationen davon profitieren. Das ist für mich ein gelebtes Europa! Unsere bisherigen Jugend- und Erwachsenenbegegnungen können als Beispiel dienen, wie Gesellschaften im Großen funktionieren können. Sie stärken das Gefühl einer gemeinsamen, nationalen Identität. Das führt dazu, dass die Menschen ihren Bezugsrahmen zu Europa ausweiten. Und da dies auch stetig wiederholt wurde und wird, ist der Effekt des Zusammenhaltes auch sehr nachhaltig. Natürlich braucht es dafür eine konzentrierte Öffentlichkeitsarbeit und stetige Kommunikation, um das zu verbreiten. Auch um ganz klar und entschieden dagegen zu sprechen, was Rechtspopulisten verbreiten. Resümee Nach zwölf Jahren deutsch-italienischer Begegnungen und nach acht Jahren deutsch-italienisch-polnischer Begegnungen mit Skórzec im trilateralen Austausch können wir heute in vielen Fällen sagen, dies hat das Leben vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachhaltig (bewusst oder unbewusst) beeinflusst. Ich bin überzeugt davon, nichts wünschen wir uns letztendlich alle sehnlicher als ein friedliches Miteinander. Und wer Frieden will, muss Frieden im Kleinen wie im Großen vorbereiten, und das machen wir – die Gemeinde Mühlenbecker Land, die Gemeinde Cassano delle Murge und die Gemeinde Skórzec – gemeinsam seit Jahren auf eine sehr liebevolle und rücksichtsvolle, treue Art.

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