48 / Harald Grimm Kurz nachdem Harald Grimm im Haupt- und Finanzausschuss seinen Mandatsverzicht zum 28. Februar mitgeteilt hatte, traf sich Volker Agüeras Gäng zu einem Gespräch mit dem langjährigen Vorsitzenden der Gemeindevertretung Mühlenbecker Land. Am 21. Februar leiten Sie zum letzten Mal eine Sitzung der Gemeindevertretung Mühlenbecker Land. Für Ihr Ausscheiden als Gemeindevertreter geben Sie private Gründe an: Alter, Familie – insbesondere Enkel - und Freizeit. Wird Ihnen die Kommunalpolitik nach all den Jahren nicht fehlen? Ich verkrieche mich ja nicht zu Hause, möchte aber nach 24 Jahren engagierter ehrenamtlicher Kommunalpolitik wieder mit mehr freier Selbstbestimmung meinen Alltag als Ruheständler gestalten können. Für Kommunalpolitiker steht immer das Gemeinwohl oben auf der Todo-Liste. Wenn man dafür Wahlen gewinnt und einem etwas gelingt, bereitet das Freude und Stolz, aber in den Auseinandersetzungen gibt es auch schmerzende Niederlagen und menschliche Enttäuschungen. Im Übrigen bleibe ich Mitglied im Schönfließer Ortsbeirat und ebenso wie meine Frau nehme ich weiterhin aktiv am örtlichen Vereinsleben teil. Wie verlief Ihr Weg in die Politik, und wann sind Sie in die Kommunalpolitik eingestiegen? Mein Großvater hat mich als Schüler in den Friedenssaal mitgenommen, in dem im Osnabrücker Rathaus 1648 der Westfälische Frieden nach dem 30jährigen Krieg geschlossen worden war und in den 1960er Jahren der Stadtrat tagte. Während meiner Dienstzeit bei der Bundeswehr lud mich der örtliche Bundestagsabgeordnete zu politischen Veranstaltungen ein, zum Beispiel einem Treffen mit dem damaligen Wehrbeauftragten. Im Studium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und FU Berlin trat ich in die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ein und engagierte mich für mehr Praxisnähe in der Lehrerausbildung. An meiner Schule, dem Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin Wilmersdorf, wurde ich Fachleiter für Politik. Meiner Frau folgte ich 1982 gleich nach unserer Hochzeit für drei Jahre an die vom Berliner Missionswerk getragene Schule „Talitha Kumi“ in Beit Jala. Wir wohnten im Nachbarort Bethlehem und damit in den von Israel besetzten Gebieten, sozusagen mitten im Nahost-Konflikt, über den ich vorher jahrelang in den Leistungskursen der Oberstufe unterrichtet hatte. Nach unserer Rückkehr organisierte ich mit Oberstufenschülern Fahrten nach Israel, Palästina und in die Türkei, immer mit Begegnungen mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. In israelischen Kibbuzim habe ich mit meinen Schülerinnen und Schülern gearbeitet, um uns den Aufenthalt im Land zu finanzieren; wir haben auch im jüdisch-arabischen Friedensdorf Neve Shalom gewohnt und waren in arabische Familien eingeladen. In Istanbul konnten wir mit Hrant Dink, dem Herausgeber einer armenischen Oppositionszeitung sprechen, der knapp ein Jahr später von Fanatikern erschossen wurde. 1997 sind meine Frau und ich mit unseren beiden Söhnen von Schöneberg nach Schönfließ umgezogen, und als ich im Jahr darauf zur Kandidatur bei den Kommunalwahlen aufgefordert und gewählt wurde, war das für mich zunächst wie ein spannendes Praktikum in Kommunalpolitik nach all den Jahren politischer Theorie bzw. Beobachtung. Denn nun eröffneten sich Möglichkeiten, an der aktiven Gestaltung und Entwicklung meiner neuen Heimatgemeinde mitzuwirken, zusammen mit Menschen unterschiedlichster Herkunft, aber viele mit einer verbindenden Aufbruchsstimmung für das Zusammenwachsen der neuen Bundesrepublik vor Ort. Erzählen Sie uns von ihren Anfängen in der Kommunalpolitik. In der örtlichen Kommunalpolitik verlief es anfangs nicht ganz reibungslos mit dem damaligen Schönfließer Bürgermeister, der nach der Harald Grimm – langjähriger Vorsitzender der Gemeindevertretung – tritt ab Danke, Harald Grimm
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