14 / Thomas Henning: Mit dem E-Auto unterwegs Umes vorweg zu nehmen: Ich könnte schonwieder! Auch wenn die Idee ziemlich unsinnig klang: eine Fahrt durch Polen, Litauen, Lettland und Estland, dann mit der Fähre rüber nach Schweden und über Dänemark wieder zurück – mit einem Elektroauto! In acht Tagen! Dabei weiß doch jeder, dass Elektromobilität ihre Tücken hat, dass es nicht genug Ladesäulen gibt und die Reichweite ein Witz ist. Wir wagten es trotzdem. „Wir“, das waren mein Beifahrer Volker, ich selbst, Thomas Henning, und natürlich sie: die Zoe, das elektrische Alltagstier von Renault. Seit anderthalb Jahren sind sie und ich ein Paar. Und wir ertragen als nicht mehr ganz frisch Verliebte unsere gegenseitigen Schwächen mit Gleichmut. Tag 1 Los geht’s: Klein-Zoe trägt uns tapfer tief nach Polen, verlangt dann aber nach Nahrung. Wir haben uns vorbereitet und sowohl eine Zugangskarte des wichtigsten polnischen Ladestrom-Anbieters Greenway als auch eine Liste mit passenden Ladestationen an Bord. Ein Stündchen in einem Einkaufszentrum, dann ist unser Bedarf an polnischen Keksen und Zoes Appetit auf Spannungsreiches gestillt. Zwei Stunden später sind wir in Posen; das Spiel wiederholt sich. Abends haben wir unser erstes Ziel erreicht: Ostroda, das ehemalige Osterode im ebenso ehemaligen Ostpreußen. An der Adresse unserer Pension empfängt uns ein Priester in Kutte und Sandalen. Er weist uns freundlich den Weg zu unserer Unterkunft. Mit Gottes Segen schlafen wir prächtig. Tag 2 Am nächsten Tag müssen wir Russland umkurven, genauer gesagt die russische Exklave Kaliningrad. Eigentlich würde sie perfekt auf unserem Weg liegen, denn unser nächstes Ziel heißt Klaipeda in Litauen, das frühere Memel, doch in Coronazeiten erlaubt Russland die Einreise nur per Flugzeug oder Schiff, nicht aber auf der Straße. Wir sind vollkommen begeistert von Landschaft und Natur in Polens ärmster Woiwodschaft Ermland-Masuren: sanfte Hügel, Bilderbuch-Wälder, überall kleine und größere Seen, dazwischen malerische Dörfer und Städtchen. Dass wir Litauen erreicht haben, merken wir vor allem daran, dass nicht mehr an jeder Ecke ein Marien-Standbild segnend die Hände über uns hält. Und daran, dass Straßenschilder vor schwarzen Löchern warnen – oder was soll das rote Dreieck mit dem großen schwarzen Punkt sonst bedeuten? Google weiß es: Vorsicht, Unfallschwer-Punkt! Nun gut. Nachmittags erreichen wir Klaipeda. Ich bin ein geschichtsinteressierter Mensch, und so hat der Name „Memel“ für mich einen besonderen Klang. Die Stadt weiß aber nicht mehr viel von ihrer wechselvollen Geschichte, bis auf eine kleine Altstadt zeigt sie sich uns als alltägliche Hafenstadt. Wir finden eine Kneipe, deren alte Deckenbalken noch von ihrem früheren Namen „Zum weißen Schwan“ künden, trinken leckeres litauisches Bier und fühlen uns zunehmend wohl. Mit dem Elektroauto einmal um die Ostsee?!? Thomas Henning hat bewiesen, dass das geht. Von Zühlsdorf aus fuhr er im September 2021 mit seiner „Zoe“ rund um das östliche Meer. Wir durften in seinem Reise-Tagebuch schmökern: In acht Tagen um die Ostsee Nicht nur die Alexander-Newski-Kathedrale macht Tallinns Altstadt so sehenswert Auch in Polen fließt sauberer Öko-Strom - für etwa 40 Cent/KWh
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