Mühlenspiegel 35

S o still, wie im letzten Jahr war Weihnachten lange nicht. In meinem Pfarrsprengel Basdorf, Wandlitz und Zühlsdorf gab es keine Gottes- dienste in oder vor den Kirchen. Alle sind zu Hause geblieben, und wer wollte konnte sich die digitale Version des Gottesdienstes auf dem Sofa anschauen. Nicht nur für mich als Pfarrer, sondern für so viele Menschen war es ein äußerst merkwürdiges Gefühl, einen Heiligen Abend ohne Kirchbesuch zu verbringen. Obwohl ich das Glück hatte, dass ich Weihnachten mit mei- ner Frau und meinen Kindern feiern konnte, hat mir doch die ganze Zeit etwas gefehlt. Und es hat mich betrübt, an all jene zu denken, die nicht zu ihrer Fa- milie fahren konnten, die keinen Besuch empfangen haben und die an diesem Tag nicht einmal in den Gottesdienst gehen konnten. Nach Weihnachten erreichten mich so viele schöne Erzählungen, wie Menschen Weihnachten 2020 verbracht hatten: Mir wurde berichtet, wie schön es war, sich das Friedenslicht aus Bethlehem nach Hause zu holen und das gleiche Feuer brennen zu las- sen, dass schon in Jesu Geburtsort entzündet wurde. Mir haben Menschen beschrieben, wie beruhigend das Gefühl war, gemeinsam zur gleichen Zeit beim Geläut der echten Glocken den di- gitalen Gottesdienst zu schauen. Jemand anderes hat mir begeistert erzählt, dass sie alleine in der Kü- che Gottesdienst gefeiert hat: Kerzen entzündet, die Weihnachtsge- schichte gelesen und Weihnachtsmusik gehört. Ohne Termin- und Einkaufsstress gab es trotz Pandemie schöne Erleb- nisse, die vorher viele nicht für möglich gehalten hätten, die mir aber zeigen, egal wie still die Nacht auch ist, für gläubige Menschen kann sie immer heilig sein. Denn wir Christen glauben, dass Weihnachten keine menschliche Leistung ist. Wir können schöne Gottesdienste feiern, wir können uns innerlich auf jede erdenkliche Situation vorbereiten – ohne unser Ver- trauen, dass Gott sich entschieden hat, Teil dieser Welt zu sein, hätte Weihnachten für uns keine Bedeutung. Und das erste Weihnachten war auch irgendwann neu – all die wun- derbaren Traditionen, so wie wir es gewohnt waren, haben sich erst in den vergangenen zwei Jahrtausenden herausgebildet. Vielleicht wur- de Weihnachten 2020 der Grundstein gelegt für neue Traditionen mit mehr Besinnlichkeit, mehr Zeit für das Wesentliche und für gläubige Menschen auch mehr bewusster Zeit mit Gott. Das vergangene Jahr hat für manche den Blick auf die Weihnachtszeit verändert. Alles was uns wirklich wichtig ist, können wir hoffentlich in den kommenden Jahren umso mehr genießen. In diesem Sinne darf ich Ihnen auch im Namen meiner Kollegin und Kollegen aus dem Mühlenbecker Land ein besinnliches und erfülltes Weihnachten 2021 wünschen. Pfarrer Lucas Ludewig Die Pfarrer zur Weihnacht / 7 Ohne unser Vertrauen, dass Gott sich entschieden hat, Teil dieser Welt zu sein, hätte Weihnachten für uns keine Bedeutung Besinnliche Worte aus unseren Pfarrgemeinden Pfarrer Bernhard Hasse, Evangelische Gemeinde Mühlenbeck/Schildow Pfarrer Norbert Pomplun, Katholische Gemeinde St. Franziskus/Reinicken- dorf Nord Pfarrerin Heike Krafscheck, Evangelische Gemeinde Bergfelde/Schönfließ Pfarrer Lucas Ludewig Evangelische Gemeinde Basdorf/Wandlitz/Zühlsdorf Heilige trotz stiller Nacht

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