Mühlenspiegel 35
32 / Buchtipp G leich hinter dem Schildower Dorfanger steht es, das Ortseingangsschild von Berlin-Pankow. Dort, ganz dicht an der Grenze zumWestberliner Bezirk Wedding, spiel- te sich in den 1970er Jahren ein bizarrer Mikrokosmos neben dem „imperialistischen Schutzwall“ ab, der nun im Buch Nie- mandsland nachzulesen und gleichermaßen zu bestaunen ist. Mit spitzer Feder Der Autor und Graphiker Matthias Friedrich Muecke, 1965 in Ostberlin geboren, hat mit diesem Kunstwerk seine Kindheit sprichwörtlich nachgezeichnet und gleichermaßen nacher- zählt. Vorweggenommen sei, dass bei keiner Seite im Buch das Auge des Betrachters trocken bleibt. Zu komisch erscheinen die Momentaufnahmen aus der vergangenen Deutschen Demokra- tischen Republik. Kindheit in der DDR Mit erstaunlicher Detailtreue beschreibt der Autor Szenen des DDR-Alltags aus der Perspektive eines Heranwachsenden. Dabei bedient er sich immer wieder dem Stilmittel der Über- zeichnung, was die teils grotesken Szenen noch absurder erscheinen lässt. Wenn der kleine Matthias und sein Busenkumpel Frank sich beispielsweise zum 27. Nationalfeiertag der DDR heimlich in die Klamotten der Mutter werfen, um – bestückt mit Busenhalter, Feder- boa und Perücke auf hochhackigem Stiefel – einen Rundgang durch das Pankower Wohngebiet zu unternehmen. Die beiden landen schließlich aus jugendlichem Leichtsinn heraus auf einem T-34-Kampfpanzer und müssen, unmittelbar nachdem sie enttarnt sind, eine „zweiseitige Stellungnahme über die Bedeutung des Nationalfeiertages, die Gründung der DDR und unsere Mit fragmentarisch gehaltenen Kindheitserinnerungen läßt Matthias Friedrich Muecke eine längst vergangene Epoche wiederaufleben. Dazu stellt er den Protagonisten teils verspielte, teils melancholische Schwarz- Weiß-Zeichnungen zur Seite Erinnerungen an eine Kindheit Niemandsland
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