Mühlenspiegel 35

Herr der Dinge / 15 Wolterschen Vorstellung. „Denn was ich nicht wollte, war eine hochglanzpolierte Galerie für den An- und Verkauf von Antikwaren.“ Man mietete ab 1995/1996 zunächst einen Raum an, und Martin Wolter eröffnete hier am nördlichen Berliner Stadtrand seinen Antik- und Trödelmarkt. 2002 entschloss er sich zum Kauf des gesamten Objekts mit dem dazugehörigen Land. Mit seiner neuen Lebenspartnerin Jutta an der Sei- te und neuem Elan nahmWolters Leben und Antikhandel weiter Fahrt auf. Alle Räume einschließlich Dachbo- den wurden nach und nach saniert, bewohnbar und wohnlich gemacht. Das meiste in Eigenleistung, denn Geld war knapp. Helfende Freunde zum Glück nicht, und der eine und andere Fach- mann legte Hand an. Allein mehrere hundert Quadratmeter Rigipsplatten hat Martin Wolter verarbeitet, fast jede Fuge bearbeitet, Fußböden gedielt, Mauer- werk verputzt. Die anstrengenden Jahre zwischen Ausbau und Job haben er und seine Partnerin Jutta, die als Ausbilde- rin für Biologie-Laboranten bei der Bay- er AG tätig ist, noch gut in Erinnerung. Er wundert sich noch heute über seine Power und Ausdauer. „Wir haben das einfach gerockt. Inzwischen leben wir fast 20 Jahre in Schildow, fühlen uns wohl, haben hier unsere Wurzeln. Unse- re Kinder – die Tochter ist 20 Jahre, der Sohn 13 – sind hier aufgewachsen. Das volle Leben halt“, sagt er und schmun- zelt. „Antik ist nur vorne.“ Von schlicht bis schön Sie fallen in der Scheune zuerst ins Auge: Schränke, Kommoden, Schreibti- sche und wieder Schränke, aus mehre- ren Stilepochen. Offene Schranktüren und aufgezogene Schubfächer geben den Blick frei auf eine Fülle von ar- rangierten Alltagsgegenständen. Auf Borden und in Etageren stehen protzige Maßkrüge, schwungvolle Kaffeekannen und zarteste Vasen einträchtig nebenei- nander. Hinter Vitrinenscheiben blitzen Medaillen, Medaillons und Schmuck. Es gibt jede Menge Kunstgegenstände, dar- unter Genremalerei in Öl, Druckgrafi- ken, Zeichnungen sowie Skulpturen aus Holz und Stein. Und immer mal wieder sind Glanzstücke im Angebot, wie eine Max-Liebermann-Grafik, ein Theo-von- Brockhusen-Gemälde oder ein Émilé Gallé-Glasgefäß. Es finden sich Objekte regionaler Kulturgeschichte, dörflicher Lebensweise genauso wie Mobiliar und Accessoires aus großbürgerlichen Wohnzimmern. „Bei meinem Sortiment achte ich auf eine gute Durchmischung. Ich kaufe querbeet, ohne mich auf bestimmte Exponate zu spezialisieren. Frei nach dem Motto ,Von vielem etwas´“, erläutert Martin Wolter sein Geschäftskonzept. Die Präsentation trägt seine eigenwil- lige Handschrift. Es sind tausend und ein Ding aus drei Jahrhunderten, nach Kategorien sinn- und geschmackvoll arrangiert – ein reizvoller Kontrast zum Ambiente der Scheunen-Schlichtheit. Fenster in die Vergangenheit Der hintere Raum mit unverputztem Mauerwerk und Ziegelboden erinnert an seinen einstigen Zweck, die Be- herbergung von Stallvieh. Einen der steinernen, zentnerschweren Tröge für Futter und Tränke hat Martin Wolter dort belassen, wo dieser seit über 100 Jahren steht. Drumherum stehen und liegen Zeitzeugen zum Anfassen: Alltagsgeschirr, Regale voller Küchen- leinen und Haushaltswäsche, Backuten- silien, Kisten und Kästen mit Werkzeug, schlichtes Bauernmobiliar. Hier können sich Eintretende fühlen wie auf nostalgi- scher Zeitreise in vergangenes dörfli- ches Leben. „Dieses Geschäft braucht Bewegung, die Leute wollen bei mir auf Entdeckung gehen und fündig werden.“ Für den stetigen Wechsel der Exponate sorgen Ankaufangebote, die Martin Wolter genau auf Verkaufserfolg abschätzen muss, denn seine Kosten steigen, und es gibt jedes Mal Krempel und Krims- Hier schlagen Sammler- herzen höher Ein Traum für alle Sammler – Der erste Blick in den Innenhof lockt auch viele Vorbeifahrende zum Stöbern ein. In der Vorweihnachtszeit gibt es hier auch Glühwein

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