Mühlenspiegel 34

sieht, dass da etwas am Köder schnuppert. Überhaupt fokussiert sich das Denken immer mehr auf den Prozess des Angelns. Wofür ich als ehemaliger Städter im Tai-Chi jahrelange Übung brauchte, das geschieht hier so ganz nebenbei. Ent- spannung pur, Konzentration auf das Wesentliche, Gelas- senheit und Geduld. Gut - was das Angeln betrifft, bräuchte ich dann schon noch ein paar Jahrzehnte Übung. Während ich hochkonzentriert ganze fünf Fische heraus- geholt habe – eigentlich nur viereinhalb, aber das ist eine andere Geschichte – haben die beiden knapp 30 Fische geangelt und mir nebenbei noch die Grundkenntnisse des Angelns vermittelt. Hut ab! Zwei überaus sympathische Menschen mit einem großen Wissensschatz durfte ich kennenlernen. Danke dafür. Und eigentlich fußte unser Kennenlernen in der Mön- chmühle auf einem Missverständnis. Carsten dachte, ich wolle Mitglied im Anglerverein werden und nicht in der Historischen Mönchmühle. Nach diesem wunderbaren Vormittag kann ich mir beides ziemlich gut vorstellen. Wie ich das ohne Angelschein legal machen darf, haben mir die beiden erklärt. "Angeln auf Friedfische" ist die Lö- sung. (Bitte googeln Sie sich das…. Eine Erklärung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen). Mit Carsten hatte ich das Glück, einen echten Experten "an der Angel" zu haben. Vater und Mutter waren leiden- schaftliche Angler, die Mutter jahrelang im Vorstand des Angelvereins. Mit drei Jahren hatte Carsten dementspre- chend schon seine erste Angel in der Hand. Dann wurde er Kampfrichter bei Angelwettbewerben und Angel-Übungs- leiter. Aktuell plant er in seinem Angelverein den Aufbau ei- ner Jugendgruppe, mit der er jugendgerechte Workshops machen möchte. "Da zielen wir dann nicht auf langweilige Zielscheiben beim Angelrutenwerfen, sondern auf Pyramiden aus Getränke- dosen ... alles schon ausprobiert. Die Jugendlichen haben großen Spaß und zielen lernen sie dabei dennoch, was spä- ter im Schilf nicht ganz unwichtig ist, wenn die Angler nicht ständig ins Wasser steigen wollen, um ihre Angelhaken zu befreien und die Angelschnur zu entheddern“, erklärt mir Carsten, während wir eine Forelle nach der anderen aus dem Zuchtteich ziehen. Im Laufe des Angelvormittags breitet sich ein Gefühl der Ruhe in uns aus. Die Gespräche werden weniger, der Körper verwächst mit der Angel und spürt, noch bevor das Auge es Text, Fotos © Volker Agüeras Gäng ANGELN – AUSGLEICH VOM ALLTAGSSTRESS | 57

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