Mühlenspiegel 34

Erste Eindrücke vor Ort Der Eindruck, der sich uns hier bot, war schrecklich. Auch noch vier Wo- chen nach dem Ereignis waren die Spuren der Verwüstung überall sicht- bar. Das Wasser hatte alles mitgeris- sen, was seinem ausgeuferten Fluss im Wege stand. Allein in diesem Ort sollen 14 Häuser komplett fortgespült worden sein. Die über 300 Jahre alte Brücke aus Natursteinen, die die bei- den Teile des Ortes verbindet ist noch vorhanden, aber nicht mehr nutzbar, da beide Zufahrtsrampen weggespült sind. Die Bundeswehr ersetzte sie durch zwei mobile Brücken. An der Wiederherstellung der Infrastruktur wird noch gearbeitet. Wasser, Abwas- ser und Strom fließen nur in einigen Bereichen wieder. Diese materiellen Verluste sind schlimm und werden mit aller Kraft und der Solidarität aus ganz Deutsch- land bearbeitet. Was aber unbe- schreiblich bleibt, ist das menschliche Leid. Vom Verlust an Wohnung, Haus, Hab und Gut bis zu Verletzung und Tod reicht das Spektrum des Grauens. Viele Häuser sind jetzt unbewohnbar, etliche so geschädigt, dass sie abgeris- sen werden müssen. Trinkwasser und Brauchwasser werden mit Tankfahr- zeugen verteilt. Derzeit laufen noch Aufräumarbeiten und Arbeiten zur Wiederherstellung von Straßen und der übrigen Infrastruktur. Eine Hälfte des Ortes kann bisher nur über mobile Stromaggregate mit Energie versorgt werden. Fast alle Häuser haben Ölhei- zungsanlagen. Durch andere Einhei- ten der Feuerwehr wurden die Tanks leer gepumpt, zerlegt und aus den Kellern herausgebracht. Was war zu tun? Eine unserer Aufgaben war es, leere Tanks und gefüllte Transportbehäl- ter zu einem Sammelplatz zu trans- portieren. Wir waren eingesetzt zu Schachtarbeiten für die Wasserversor- gung, transportierten Sperrmüll-Abfall und sogar Getränke-Leergut, richteten eine Ausgabestelle für Spendengüter ein und halfen eben, wo wir konnten. Es war überall sichtbar, dass Hilfe aus allen Bereichen kam. Neben den Ein- heiten des Katastrophenschutzes wa- ren unzählige Helfer und Technik aus der Privatwirtschaft unermüdlich im Einsatz. Dementsprechend zeigte sich die Dankbarkeit der Bevölkerung. Die Versorgung während der Tageszeit übernahmen freiwillige Hilfseinrich- tungen. An vielen Stellen der Orte, die wir durchfuhren hingen Plakate, Dan- ke an die Helfer: In einem Ort stand fast jeden Tag morgens und abends ein kleiner Junge, der den Feuerwehr- fahrzeugen zuwinkte. Schwierige Unterbringung Wenn unser Arbeitstag beendet war, ging es zurück ins Camp. Das erste Camp auf dem Nürburgring mussten wir nach drei Nächten schon wieder verlassen, weil die Vorbereitungen für die Deutsche Tourenwagen Meister- schaft begannen. Die Wertigkeiten sind eben unterschiedlich. Wir bezo- gen also ein neues Camp in der Nähe. Es war in Windeseile von Bundeswehr und THW errichtet worden, Dieses mal wurden pro Zelt 20 Mann unter- gebracht. Da muss man schon Spaß verstehen. Aber das tat der Sache und der Stimmung keinen Abbruch. Nach unserem Empfinden war die gesamte Organisation gut. Es ist schließlich kei- ne einfache Aufgabe, diese große Zahl an Helfern so einzusetzen, dass sie entsprechend ihrer technischen Mög- lichkeiten und Fähigkeiten den größ- ten Nutzen bringen, zumal auch die Führungsteams ständig wechselten. Erschöpft nach Hause Wir sind am Montag, dem 16. August um 06:00 Uhr zur Rückreise aufgebro- chen und waren um 17:30 Uhr wieder im Mühlenbecker Land. Was zurückbleibt, ist die Erinnerung an die schreckliche Situation, aber auch das Gefühl, mit diesem mit elf Tagen bisher längsten Katastrophen- schutz-Einsatz, etwas wirklich Gutes und Sinnvolles getan zu haben. 12 | WENN HILFE KEINE FRAGE DES STANDORTS IST

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