Mühlenspiegel 33
Anton, 7 Jahre, Erstklässler aus Mühlenbeck So war/ist er von der Corona-Pandemie betroffen: Anton wurde diesen Sommer eingeschult. Der erste Lockdown kostete ihn drei Monate Vorschulzeit in der Kita, sein Seepferd- chen und das Kinderfest zu seinem 6. Geburtstag. Die Einschulung feierte er im Abstands-Modus. Nach drei Monaten Schule wurde Ende November seine ganze Klasse in Quarantäne gesteckt. In die Schule konnten sie nicht wieder zurück, denn nach Ablauf der Schutzfrist begann der zweite große Lockdown. Zum Zeitpunkt dieses Interviews lernt er schon den 3. Monat im Distanzunter- richt nach Tagesplänen, die täglich per Mail kommen. Er ist nach wie vor hoch motiviert und stolz, dass er die Aufgabenstellungen seiner Lehrerin schon ganz allein lesen kann. Wie hast du das letzte Jahr erlebt? Dass ich jetzt nicht mehr zu meinen Freunden kann, das mag ich nicht so. Dass ich keine Hofpause mehr hab und mit meinen Freun- den da spielen kann. Dass nur wenige Leute sich treffen können. Dass wir nicht meinen Kindergeburtstag feiern konnten. Und wir können nicht zu jemanden gehen, das muss immer nur einer. Und bei Opa dürfen wir nicht mehr übernachten wegen Corona. … Ich fand auch doof, dass wir bei Ostern nicht so viele sein konnten. Und wir konnten nicht so groß Weihnachten feiern. Und Fasching durfte ich nicht in die Schule. Aber mein Bruder ist in dei Kita gegangen und da hab ich mich auch verkleidet. Und wir haben mit Mami und Papa ganz lustig zuhause Abendbrot gegessen. … Also im Tierpark mussten wir die ganze Zeit Mundschutz tragen, das war blöd. Aber das Gute war, es war ja auch ganz oft kalt, und das hat die Nase geschützt und das ganze Gesicht. … Und ich finde gut, dass ja Kinder nicht zählen, dann kann ich ja jetzt Kindergeburts- tag feiern. (lacht neckisch) Gibt es etwas, das du im letzten Jahr neu gelernt hast? Ich habe gelernt, Online-Konferenzen zu machen. Da treffen wir uns jede Woche mit unserer Lehrerin. Und Kinderchor machen wir auch immer am Computer. Da muss man dann immer das Mikro anschalten. Was wünscht du dir für die Zukunft? Dass das Corona-Virus aufhört. Damit wir uns wieder treffen können mit anderen Leuten. Dann könnten wir im Urlaub zu Onkel Markus und Tante Jule nach München fahren. Und wieder bei Opa übernachten. Und dann kann ich schwimmen wieder weiter lernen. Bernhard Hasse, Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde Mühlenbeck und Schildow Inwieweit waren/sind Sie von der Corona-Pandemie betroffen? Meine Arbeit als Pfarrer in den Kirchengemeinden Mühlenbeck und Schildow lebt ja von persönlichen Kontakten. Vieles konnte zeitwei- se gar nicht stattfinden, vor allem Gottesdienste, Feste, Gespräche in Gruppen – mit SeniorInnen wie auch mit Jugendlichen. Bei Begeg- nungen, vor allem mit Älteren, ist immer ein mulmiges Gefühl dabei. Ich möchte ja niemanden anstecken und in Lebensgefahr bringen. Am meisten fehlt mir das gemeinsame Singen. Besonders betroffen gemacht haben mich Gespräche mit Angehörigen von Kranken und Sterbenden, die ihre Liebsten nicht besuchen durften. Auch familiär waren für mich viele Begegnungen nicht möglich. Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt? Die Zeiten der starken Einschränkungen sind anstrengend, weil ständig neu überlegt werden muss, was wie oder was überhaupt möglich ist – in den Kirchengemeinden immer in Abstimmung mit den Kirchenältesten. Was verantworten wir? Welche Zeichen setzen wir als Kirche? Viele sorgfältig abgewogene Planungen brachen zusammen. Und doch sind wunderbare Dinge entstanden, die sonst nicht entstanden wären. Manche Gespräche am Gartenzaun waren intensiver. Die Kontakte über Telefon und Mail wurden wertvoller. Verabredungen sind über Videokonferenzen möglich. Dennoch sehne ich mich sehr zurück in die Zeit, in der wir einander wieder direkt in die Augen sehen können. Digital geht doch auch viel Zwi- schenmenschliches verloren. Genossen habe ich dennoch mehrere wunderschöne Urlaubszeiten in unserem Land. Ihr kurzes Resümee: Was nehmen Sie aus diesem Jahr Wir haben uns zu sicher gefühlt und wissen jetzt klarer denn je, dass es absolute Sicherheit nicht gibt. Damit müssen wir leben lernen. Je eingeschränkter das Leben ist, desto klarer wird uns, was wirklich wichtig ist im Leben. Für das tägliche Brot war bei uns immer gesorgt – auch wenn manche meinten, das Klopapier würde nicht reichen. Doch die menschlichen Kontakte, die Wärme und die tätige Liebe, die sind eben lebensnotwendig. Was wäre Ihr Wunsch für die Zukunft? Ich wünsche mir, dass wir weniger Energie darin stecken, uns ge- genseitig weiszumachen, wie wir die Krise besser hätten bewältigen können, und anderen Vorhaltungen zu machen. Stattdessen sollten wir mehr Kraft und Verstand einsetzen, um nach vorn zu blicken und gemeinsam Lösungen zu suchen, wie wir Krisen und Probleme bewältigen können. Weitere Infos: •www.kirche-muehlenbeck-schildow.de Fasching in Zeiten von Homeschooling & Corona Sonderthema: Ein Jahr Corona-Pandemie / 27
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