Mühlenspiegel 32

Auch hier bei uns in den verschiedenen Facebookgruppen des Mühlenbecker Landes. Das „ICH“ wird als wichtig empfunden. Das Gegenüber als störend. Auch die Gründer der Initiative „Mehr WIR für's Mühlenbecker Land“ haben beobachtet, dass sich immer mehr Menschen als Gruppenmitglieder definieren, um sich so von anderen Gruppen abzugrenzen. Diese Abgrenzung führt, so die Initiatoren, fast zwangsläufig zu einem Gegeneinander und schlimmstenfalls zu Hass, der zu Gewalt werden kann. Ob verbal oder körperlich. Dass dies nicht so sein muss, davon sind die vier Gründungsmit- glieder ( Ulrike Haase, Bonnie Bernburg, Bernhard Hasse und Peter Kunkel) der WIR-Initiative überzeugt. Die Gruppe möchte sich in ge- waltfreier Kommunikation üben und andere mit ins Boot holen. Sie wollen gemeinsame Bedürfnisse definieren, auf deren Grundlage ein „WIR“ gelebt werden kann. Erfreut konnten sie feststellen, dass außer ihnen hier bei uns noch mehr Menschen daran interessiert sind, das „WIR“ in den Mittelpunkt ihres Engagements zu stellen. Sie wollen ihren Beitrag leisten, Frieden zwischen den Menschen zu stiften. „WIR“ hier unten Ein erster Schritt dorthin ist es, sich nicht gegeneinander zu positio- nieren, sondern sich gemeinsam hinter etwas zu versammeln, was die Menschen miteinander verbindet. Dieses Gemeinsame soll kon- kret das Mühlenbecker Land sein – für die Initiatoren eine Ebene, auf der sie wirken können. „Nicht die da oben werden in den Blick genommen, sondern das WIR hier unten, die wir das Mühlenbecker Land voranbringen wollen“, so Mitinitiatorin Ulrike Haase. In zwei gut besuchten Veranstaltungen trafen sich bereits Bürger und Bürgerinnen unterschiedlichster Couleur. Sie tauschten sich zunächst darüber aus, was im Argen liegt, und diskutierten an- schließend, welche Wege gemeinsam beschritten werden können, um Lösungen zu finden, mit denen alle gut leben können. Leider hat die Coronapandemie die Initiative zunächst einmal ausgebremst. Ein Miteinander ist in Zeiten des Social Distancing nur schwer umsetzbar und nun sollen alle erst einmal gesund durch den Winter kommen. Im Frühjahr 2021 soll dann erneut Fahrt aufgenommen werden. In einem offenen Brief der Initiatoren ziehen sie erste Bilanz: Liebe Mühlenbecker, wir machen weiter! Am 2. September trafen wir uns zum zweiten Mal unter der Über- schrift „Mehr WIR für's Mühlenbecker Land“ in der Historischen Mönchmühle. Wir berieten, was es braucht, um in unserer Gemein- de den respektvollen Umgang zu stärken, das Vertrauen und die Kommunikation miteinander. Schon im ersten Treffen war klar geworden, dass mehr Gemeinschaftsgefühl gewünscht wird. Doch wie schaffen wir das? Am Anfang unserer zweiten Gesprächsrunde legten wir Prioritäten, gewünschte Themen und grundlegende gemeinsame Werte für die Diskussion fest. Im Gespräch wurde dann deutlich, dass insbesonde- re in der Kommunikation zwischen Bürgern, Gemeindevertretern und Verwaltungsmitarbeitern oft das gegenseitige Bedürfnis nach Wertschätzung und Empathie nicht ausreichend erfüllt wird. Hier konnten gegensätzliche Standpunkte gehört werden und dadurch das Verständnis für die „andere Seite“ wachsen. Auch der Wunsch nach einem konstruktiveren Zusammenwirken der „Friedlichen“ wurde benannt, d.h. derer, die nicht laut für ihre Interessen einstehen. Dabei war allen Anwesenden wichtig, dass jeder einzelne im fairen Diskurs Themen aussprechen und debattie- ren kann – in der Sache und nicht mit dem Bedürfnis, sich gegensei- tig zu bewerten und zu schwächen. Ein möglicher Weg dazu könnte sein, den Gesprächspartner wieder sichtbar zu machen. Damit sich ein jeder wieder der Konsequenzen seiner Äußerungen in den sozialen Medien bewusster wird, sind Treffen im realen Leben nötig. Menschliche Treffen. Dass uns das derzeitige Infektionsgeschehen darin zurzeit wenig Spielraum lässt, heißt nicht, dass wir nicht für die Zukunft planen können. Hier wollen wir so viele Menschen wie möglich einbeziehen. Noch nicht ausreichend reflektieren konnten wir bisher das Thema der scheinbar wachsenden Gewalt in der Kommunikation und im Umgang sowie Bedrohungen als scheinbar akzeptables Mittel, seinen Standpunkt zu untermauern. Offen blieb auch, mit welchen Instrumenten wir Menschen erreichen, die kein Vertrauen mehr in die Gesellschaft und deren Repräsentanten haben und deren Werte im Umgang miteinander an die Zugehörigkeit zu selbst definierten Gruppen gebunden sind. Daran werden wir weiter arbeiten. Momentan treibt uns die Sorge über die Entwicklung in der Gesell- schaft an. An die Stelle der Sorge wollen wir für die Zukunft gerne eine Vision stellen, ein wünschenswertes Bild von uns als Gemeinde, hinter dem wir uns treffen und für das wir Kräfte bündeln können. Wir haben erst für März 2021 eine nächste Veranstaltung geplant und hoffen, dass wir alle unbeschadet durch den Winter kommen, während dessen wir weiter in kleinen Gruppen und mit neuen Ideen für unser friedliches Zusammenleben wirken werden. Ergänzend bieten wir in naher Zukunft eine Arbeitsgruppe zum Thema „Respekt als Haltung und Gewaltfreie Kommunikation als Werkzeug“ an. In welchen Rahmen das genau stattfinden kann, erarbeiten die Initiatoren derzeit und werden dazu einladen, sobald es Klarheit über Form und Termine gibt. Ulrike Haase, Bernhard Hasse, Peter Kunkel, Bonnie Bernburg Nachrichten aus den Vereinen / 47 Mehr „Wir“ für´s Mühlenbecker Land Viele Menschen beklagen heutzutage eine Verrohung der Umgangsformen: ein aus dem Auto gestreck- ter Mittelfinger, ein „Pass doch auf, Du A...“, wenn mal etwas beim Aufeinandertreffen nicht so passt wie gewünscht. Noch härter, noch unflätiger wird es mitunter in den sogenannten „sozialen“ Medien. Neulich in Mühlenbeck Cartoon: Erika Cipper

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