Mühlenspiegel 32

Ihr Ratgeber rund um das Thema Umwelt Wie kommen unsere heimischen Tiere artgerecht über den Winter? War das jetzt ein Feldsperling oder ein Haussperling? Ein Zaunkönig oder ein Baumläufer? Eine Amsel, Drossel oder gar ein Star? Die Bestimmung am Futterhaus ist nicht immer einfach. Aber immerhin kann man unsere heimischen Vögel mit etwas Glück dort einen Moment beobachten: Buntspechte, einige Mei- senarten, Wintergoldhähnchen, Kleiber, Goldammer – aber auch ehemalige Zugvögel wie Mönchsgrasmü- cke und Hausrotschwanz bleiben die kalte Jahreszeit über zunehmend bei uns. Speisekammer Natur In unseren heimischen Gärten können wir jedoch weit mehr tun, als nur das Futterhäuschen artgerecht zu befüllen: Samenstände von Stauden und Wildblumen wie der Schafgarbe, der wilden Möhre, Beifuß, Distel und Co sollten über den Winter stehen bleiben, denn sie sind fettreiche Leckerbissen. Ebenso Beeren von heimischen Sträuchern wie Holunder, Weißdorn, Eberesche, Hagebutten von Wildrosen. Insekten und Weichtieren bieten Holzspalten, Stämme und Kompost geschützte Winterquartiere – und diese wiederum den Vögeln eiweißreiche Nahrung in der Kälte. Auch liegengebliebenes Laub unter Büschen ist wertvoller Nahrungsspender, hier können Vögel noch bei Frost nach Kleintieren und Würmern wühlen. Das weiß übrigens auch der Igel, der an wärmeren Tagen aus seinemWinterquartier krabbelt und dort gern nach Nahrung sucht. Auch Insekten freuen sich über Unterstützung! Die meisten Unterarten der Wildbiene erleben den Winter gar nicht. Sie sterben im Sommer, kurz nachdem sie ihre Eier gelegt haben. Sie hinterlassen Brutzellen im Boden, in oberirdischen Hohlräumen wie Baum- höhlen, Mauerspalten und Lehmwänden oder in hohlen Pflanzenstängeln. Wer ihnen helfen möchte, bietet bereits ab Sommer entsprechende Unterschlupfmöglichkeiten an. Gern angenommen werden hierzulande z.B. markhaltige Pflanzenstängel von Brombeere oder Holunder, Ranken von Heckenrose oder Sommerflie- der. Wichtig ist dabei sind Bruchstellen, die als Einstieg dienen, und dass die abgestorbenen Pflanzenteile bis zum Frühjahr stehen bleiben. Auch bei den Hummeln stirbt im Herbst das gesamte Volk. Einzig die begatteten Jungköniginnen überleben im zumeist unterirdischen Winterquartier. Sie sind relativ kälteunempfindlich und daher im Frühjahr schon zeitig auf Nahrungssuche. Frühblüher sind für sie daher essentiell wichtig. Auch bei unseren heimischen Schmetterlinge überwintern nur wenige Arten als ausgewachsener Schmetter- ling in wettergeschützten Unterkünften, z.B. in Baumhöhlen. Alle anderen überstehen die Kälte als Ei, Raupe oder Puppe, die oft schon im Sommer auf entsprechenden Futterpflanzen abgelegt werden, damit die Raupe beim Schlüpfen gleich die richtige Nahrung findet. Einige Tagfalter – die Bläulinge, der Schwalbenschwanz und Weißlinge – trotzen verpuppt im Raupenstadium an Ästen und Pflanzen der kalten Jahreszeit. Sie alle sind daher darauf angewiesen, dass auch abgestorbene Pflanzen und ältere Bäume bis zum Frühjahr stehen bleiben dürfen. Besonders wichtig sind heimische Gehölze wie Kreuzdorn oder Faulbaum, Apfel, Schlehe, Weißdorn und Grauweide. Im Frühjahr sollte der schmetterlingsfreundliche Gärtner dann auf einheimische „Unkräuter“ setzen: Wilde Möhre, Petersilie, einige Gräserarten, Brennnesseln und Disteln bspw. sind Delikatesse und überlebenswichtig für viele Raupen. Einfach mal alle Fünfe gerade sein lassen! Die meisten Stauden müssen im Herbst nicht zurückgeschnitten werden, lediglich unser Ordnungsdrang verleitet uns dazu. Dabei reicht es völlig, dies im Frühling zu tun, wenn der Neuaustrieb beginnt oder kurz bevor steht. Und die Schönheit vom Schnee bedeckter Samen- stände wird nur erleben, wer sie stehen lässt. Auch Laub darf im Herbst unter Büschen und in ungenutzten Ecken gern liegen bleiben. Davon profitieren nicht nur die Tiere, sondern das düngt ganz nebenbei auch den Boden und hält das Erdreich länger eisfrei und feucht – gut für unsere Pflanzen. Und der Boden braucht im Frühjahr erst geharkt werden, wenn die Frühblüher verblüht sind. Wer mit etwas Faulheit im Gar- ten entspannt auf den Frühling wartet, tut dies nicht nur sich selbst, sondern der gesamten Natur zuliebe! Untermieter im Garten Text & Foto: Nicole Bachmann Laub: • bietet natürlichen Winter- schutz für unsere Pflanzen • verrottet bis zum Frühling und düngt unseren Boden • wärmt die darin leben- den Insekten und hält das Erdreich länger eisfrei und feucht • Laub dient Kleinstlebewe- sen und Würmern als Nah- rung und verschafft uns damit einen nahrhaften, gut durchlüfteten Boden Was kann ich als Gärtner zum Überwintern von heimischen Wildtieren beitragen: • Heimische, insektenfreund- liche Stauden pflanzen • Stauden erst Frühjahr zurückschneiden, wenn sie anfangen, neu auszutreiben • Laub im Herbst unter die Büsche und in ungenutzte Ecken harken • Den Boden im Frühjahr erst harken, wenn die Frühblü- her verblüht sind • Heimische Sträucher statt Koniferen als Vogelschutz- hecke pflanzen Natürlicher Kreislauf der Natur: Heimische Stauden im Früh- jahr und Sommer nähren die heimischen Insekten. Wenn sie verblüht sind, finden Vögel ihr Futter in Form von artgerechten frischen Sämereien. Im Winter finden in ihnen die Insekten Schutz und Unterschlupf vor Kälte und die Vögel eine Nah- rungsquelle. Welche Vogelarten welches Futter mögen: < www.nabu. de/wintervogelfuetterung

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