Mühlenspiegel 32
Der Glöckner von Mühlenbeck / 19 Iden den Seilzugmechanismus, an dem ein schweres Gewicht befestigt ist. Da ist voller Körpereinsatz gefragt! Kräftig, aber dennoch gefühlvoll dreht er die eiserne Kurbel, um das Gewicht mit surrendem Geräusch über einen Flaschenzug in die Turmspitze hinaufzuziehen. Über einen gemeinsamen Achsantrieb werden die drei Kirchturmuhren gesteu- ert. Von jedem Ziffernblatt führt eine waa- gerechte Achse zu einem zentralen Ge- triebe, sodass die drei Uhranzeigen stets synchron laufen. Vor aller Augen versteckt „Früher hing hier auch das Seil, mit dem die Glocken per Hand geläutet wurden“, blickt der 60-Jährige hinauf zu den drei Kirchenglocken, die, durch eine enge Luke sichtbar, über eine Leiter zu errei- chen sind. Da war er selbst noch ein Kind. Seit den 80er Jahren werden die gussei- sernen Glocken elektrisch gesteuert. Als Olaf Iden das Amt des Glöckners 1995 von seinem Vorgänger übernahm, funk- tionierte die Steuerung noch nicht so richtig. Für den gelernten Elektriker eine Herausforderung, die er sofort und gerne annahm. Inzwischen werden die drei Kirchenglo- cken, eine große, eine mittlere und eine kleine, über eine Schaltuhr unten im Kir- chenschiff betrieben. Die verschiedenen Programme, wann welche Glocke geläutet wird, stellt der Glöckner ein. Wochentags von Montag bis Freitag er- klingt pünktlich zum Feierabend um 18 Uhr die mittlere Glocke, die Lieblingsglo- cke übrigens des Mühlenbeckers. Weithin ist dann ihr Klang zu hören. Seit Jahrhun- derten ist das Tradition. Früher, aber auch heute soll das Geläut Christen zum Beten auffordern, zum Innehalten und Besinnen. Am Sonnabend um 18 Uhr wird mit der mittleren und der kleinen, heller klingen- den Glocke der Sonntag eingeläutet. Die mittlere und die große Glocke schließ- lich rufen am Sonntag mit einem 5-mi- nütigen Vorläuten eine halbe Stunde vor Beginn zum Gottesdienst auf. Der beginnt dann feierlich mit dem 3-minütigen Haupt- läuten aller drei Glocken. Auch zu den Gottesdiensten an Feierta- gen, zu Weihnachten, Ostern, Trauungen und Beerdigungen erfüllt das mächtige Geläut aller drei Kirchturmglocken die gesamte Umgebung. Dann schaltet Olaf Iden die einzelnen Glocken per Hand hin- zu und zu den unterschiedlichen Gottes- dienstzeiten hin und her. Das „Ausläuten“ Eine schöne dörfliche Tradition ist das „Ausläuten“. Es findet nach Bekanntwer- den eines Todesfalls um 9 Uhr statt. Dann erklingen alle drei Glocken 2 Mal für 5 Mi- nuten. So erfahren die Leute, dass ein Ge- meindemitglied gestorben ist und können Anteil nehmen. Bis heute bekleiden Kirchenglocken den Alltag des Dorfes. Ob man sich von ihnen nun zum Gottesdienst und Gebet rufen lässt oder nicht: Ihr vertrauter Klang er- reicht das Herz und ist mit dem unver- wechselbaren Gefühl der Heimat verbun- den, weiß auch Olaf Iden, der, aus einer alten Mühlenbecker Familie stammend, in unserer Gemeinde tief verwurzelt ist. Seinen Dienst in der Kirche versieht er stets gerne und mit einem Lächeln auf den Lippen Text: Birgit Rathmann Fotos: Sandra Freund www.kirche-muehlenbeck-schildow.de Olaf Iden – Ehrenamtlich kümmert er sich tägich um die Turmuhren und die Glocken von Mühlenbeck
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NzY5NzY=