Mühlenspiegel 32
Familie Ziller – ein Portrait / 13 religiösen Suche nach dem Sinn des Lebens, unabhängig von Konfessionen oder Traditionen. Diese sehr unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden an die Verständnisfragen von Leben und Tod erschweren Gespräche oder einen Austausch auf religiöser Ebene. Ihre handlungsleitenden Werte liegen aber sehr nah beieinander, weiß das Ehepaar zu berichten. Sebastian wurde damals in den GKR ge- wählt und erhielt gleich die Funktion des Vorsitzenden. „Ich kann nicht so schnell nein sagen“, meint er zurückblickend. Was noch alles auf ihn zukommen wür- de, ahnte er damals noch nicht. Christi- ane hatte begonnen, sich musikalisch zu engagieren. Mit ihrer ausgebildeten Chorstimme fand sie Anschluss zu ver- schiedenen Chören und tritt seit vielen Jahren mit der Kantorei Wandlitz auf. Sie liebt die Musik und ist im künstlerisch- musikalischen Bereich gut vernetzt. So kam es auch, dass anlässlich des traditi- onellen Zühlsdorfer Heidefestes erstmals 2008 ein Konzert in der Kirche das Fest ausklingen ließ. Die Idee dahinter, so Christiane: „Kirche und Dorf ins Gespräch bringen“. Inzwischen ist das von ihr organisierte Abschlusskon- zert ein fester Bestandteil des Dorffestes geworden. Das Projekt "Gemeindehaus" Zwei Jahre später, 2010, feierten die Zühlsdorfer Gläubigen das 100-jährige Kirchweihfest. Ein guter Anlass, den Schwung und das vorhandene Interesse aufzunehmen, zum Beispiel für ein eigenes Gemeindehaus. „Kirche“ sollte sich nicht nur auf die Gottesdienste beschränken, sondern es sollte einfach mehr pas- sieren, erinnern sich beide. Und so wurde das Projekt „Gemein- dehaus“ angeschoben. Zehn Jahre sollten von den ersten Ge- sprächen über das Vorhaben bis zur Fertigstellung im Oktober dieses Jahres vergehen. „Der Bau“, so erfahre ich, „brachte viele Belastungen mit sich, die ihre Spuren hinterlassen haben, auch im Privaten. Und er war in vielerlei Hinsicht eine Bewährungs- situation für uns, auch als Paar.“ Es waren übrigens fünf Pfarrer, die während des Bauprojekts in Zühlsdorf im Amt waren – eine ziemliche Zusatzbelastung für die Ehrenamtlichen, meint Sebas- tian Ziller etwas nachdenklich. Jetzt heißt das Gemeindehaus „Glashaus“ und steht rechts neben der denkmalgeschützten Kirche. Mit seiner großen Glasfront öffnet sich das moderne Gebäude ins Dorfzentrum und jeder kann hinein- oder hinausschauen; ein klarer offener Raum ohne Schnörkel. Es ist ein kirchlicher Bau, sicherlich, aber er soll zu einem Ort der Begegnung aller werden, so ist er konzipiert. Verschiedene Veranstal- tungen, Ausstellungen und Lesungen sind schon geplant. Eine kleine Pause entsteht und die beiden Hauskatzen bringen sich ge- konnt ins Geschehen ein. Der rote Ka- ter, Finnley genannt, lässt sich neben dem aufgeklappten Klavier nieder. Christiane Ziller hat eine Schwäche für rote Katzen. Eigentlich ist die Lage an der vielbefahrenen Dorfstraße für die Tiere nicht ideal. Aber sie hofft, dass sie das Grundstück nur in Rich- tung Wiese verlassen. Wohl gibt es da die fetteren Mäuse, überlege ich. Sebastian und Christiane sind auf dem Sofa zusammengerückt und ich spüre eine besondere Vertrautheit der Eheleute. Was mo- tiviert beide, sich für Zühlsdorf zu engagieren? „Für die Gemein- schaft da zu sein, das ist unser Credo“, antwortet Christiane. Für andere Menschen Möglichkeiten zu schaffen, dass sie selbst tätig sein können, etwas gemeinsam entstehen zu lassen, aber auch Wissen weiterzugeben und das Unterei- nander zu bewegen. „Es reicht für mich, ein gelungenes Konzert zu erleben, das den Zuhörern Begeisterung bringt. Das stärkt mich“, bringt es die 57-Jährige für sich auf den Punkt. So nah und doch so fern Die letzten Monate haben Sebastian den Ort noch nähergebracht. Bei langen Spaziergängen hat er nicht nur die mär- kischen Kiefernwälder, sondern auch die verschieden Kolonien Zühlsdorfs kennen gelernt. Er arbeitet in Berlin und ist dankbar dafür, der Stadt so nah zu sein und auch mit den öffentlichen Ver- kehrsmöglichkeiten den Arbeitsplatz zu erreichen, aber auch die Kultur in der Hauptstadt zu genießen. Beide haben eine Leidenschaft für Oper, erzählt Sebastian Ziller. Das Zusammenspiel von Bühnenbild, Stimmen und orchestralen Instrumenten fasziniert ihn. Beide lie- ben insbesondere Wagners „Meistersinger von Nürnberg“. Für sie passen hier Texte und Musik in außergewöhnlicher Weise zu- sammen und berühren emotional. „Auf der Suche nach der Per- fektion, wenn der Intellekt ausgeschaltet ist und die Emotionen überwiegen, dann sind es für mich Sternstunden der Musik. Sie sind nicht oft, aber wenn sie da sind, umso schöner“, schwärmt der 59-Jährige. „Die Oper hat uns damals zusammengebracht“, erzählt Sebastian. Sie lernten sich 1985 während einer Sommer- tournee der Studentenbühne der TU Dresden kennen. Christiane war zu der Zeit als Regieassistentin an der neu eröffneten Sem- peroper engagiert. Noch im selben Jahr verlobten sie sich beim Schlussduett vom „Rosenkavalier“ in der Königsloge der Sem- peroper. Nur vier Monate später waren sie verheiratet. Ein Wunsch für Zühlsdorf „Welche Wünsche haben Sie für Zühlsdorf?“, möchte ich zum Abschluss wissen. Christianes Antwort lässt nicht lange auf sich warten. „Mehr Gemeinschaftssinn, sich ohne Egoismus am Ge- schehen beteiligen und bei unterschiedlichen Interessen eine Form des friedlichen Umgangs finden.“ Dazu will sie auch als Mentalcoach und ganzheitliche Orga- nisationsberaterin am Ort beitragen. Sebastian möchte noch lange hier in Zühlsdorf wohnen, dieses „Fünf-Fle- cken-Dorf“ ist seine Heimat geworden. Dass der Ort für die hier Lebenden künftig nicht nur Wohnstätte ist, da- für möchte er sich noch intensiver ein- bringen. „Aber ob unsere Angebote im Dorf angenommen werden, wird sich nicht zuletzt daran zeigen, wie das Glashaus genutzt werden wird.“ Für die Gemeinschaft da zu sein, das ist unser Credo Text & Foto: Gudrun Engelke, privat www.ziller-coaching.de Kontakt: Sebastian Ziller, Vors. des Gemeindekirchenrates: kirche-zuehlsdorf@gmx.de Das Haus der Familie Ziller – strassenseitig eher „Scheune“, gartenseitig erschließt sich die licht- durchflutete offene Archtektur
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