Mühlenspiegel 29
20 Musik liegt in der Luft Stefan Fehlandt ist ein Mann der warmen Klänge – und dies mit großem Erfolg M it der Bratsche wird man selten berühmt. Der Zühlsdor- fer Stefan Fehlandt (55) spielt sie so gut, dass er heute zu den wenigen international bekannten Bratschen-Solisten gehört. Darüber hinaus konzertiert er mit dem berühmten Vogler- Quartett auf namhaften Bühnen in Europa, Israel, Australien, Asien, Neuseeland, Nord- und Südamerika. Musik im Blut Abzusehen war diese fulminante Karriere nicht, als er 1981 nach der zehnten Klasse das elterliche Haus verließ, um in Berlin an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ zu studieren. Aufgewachsen in einer der Musik innig verbundenen Pastorenfamilie im mecklen- burgischen Neubrandenburg, musiziert er seit frühster Kindheit und macht Hausmusik. Als dem heranwachsenden Musikschüler die Geige „irgendwie zu klein wurde, jedenfalls nicht mehr richtig funktionierte“, stellte sein Lehrer ihn an die Bratsche und Fehlandt entdeckte seine Leidenschaft für die Viola. „Eine Karriere als Solist kommt einem als Bratscher kaum in den Sinn, denn dafür ist das Instrument eigentlich nicht gemacht“, sagt der Musiker. Vielmehr schwebte dem damals 17-Jährigen eine berufliche Musikerlauf- bahn in einem erstklassigen Orchester vor – nicht zuletzt mit der in der DDR sensationellen Perspektive, durch Gastspiele vor dem Rentnerdasein in den Westen zu kommen. Zumal: „Wenn man mit kirchlichem Background aufwuchs, wusste man in der DDR um gewisse Begrenzungen hinsichtlich einer freien Berufswahl. Aber Musik galt als eine jener Nischen, in denen man relativ unbehelligt durchs Leben gehen konnte“, erzählt der Pastorensohn. Leidenschaft für Kammermusik Als er sich im Studium während eines sozialistischen Ernteeinsatzes abends mit vier Studienkollegen zusammensetzt, um Kammer- musik zu spielen, ist er von der „Art des Zusammenspiels, dem subtilen Reagieren aufeinander und von der Nuanciertheit der Klangfarben“ völlig begeistert und der Kammermusik endgültig verfallen. 1985 gründen die vier Streicher das Vogler-Quartett und musizieren gemeinsam in jeder freien Minute. Der Ernst mit den Quartett-Kollegen begann, als klar war, dass sie sich so früh wie möglich dem damals bedeutendsten interna- tionalen Wettbewerb für Quartette stellen würden – in Evian in Frankreich. Nach dem Studium ins Orchester zu gehen, wie es in der DDR vorgesehen war, war ihnen inzwischen zu unflexibel. Sie wollten freischaffend tätig sein. Die professionelle Kammermusik allerdings wurde im Osten nicht gefördert. Mit Unterstützung ihres Hochschullehrers und nachdem sie das ganze Prozedere mit Beantragungen und dem ominösen Reisekader-Status durchlaufen hatten, erhielten die vier talentierten Musikstudenten 1986 im letz- ten Moment ihre Reisepässe. Ein Märchen wurde wahr: Als einziges Quartett aus der DDR traten die Voglers gegen 15 weitere Quartette aus ganz Europa an und sie nahmen nicht nur den 1. Preis, sondern auch alle Sonderpreise mit nach Hause. Mit einem Schlag änderte sich alles. Es begann eine rasante Karri- ere, die die vier Kammermusiker rasch in alle Welt führte. Sie leiste- ten sich einen großen Opel Senator und reisten mit Auto, Zug und Flugzeug durch ganz Europa und nach Amerika. Ein Privileg, das die vier jungen Künstler lebten und genossen, das aber auch eine
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