Mühlenspiegel 27
37 IN SCHILDOW Auf dem Kolonnenweg Schleich ich An den Hacken Die Stiefelspitzen. Aus dem See starrt Bei Niedrigwasser Die Friedensgrenze Und das Stelenwäldchen: Beton, altert selber Die Unnatur. Wegwarte Beifuß Melde Blühen gehorsamst Immer die Mauer Neben mir in den Boden gesunken Ich springe hinüber herüber Die Zeitalter wehen am Weltrand. – eine wunderschöne Stadt, um die die Alliierten 1945 einen Bogen machten und die sie mehrere Wochen nicht besetzten. Warum? Diese Frage beherrschte lange Zeit sämtliche Gedanken und Gespräche der Einwohner und unser Autor schildert uns die Situation. Sein nahes Heranrücken an die Widersprüche in der Gesellschaft und die Art und Weise ihrer künstlerischen Dar- stellung hat ihn in die Nähe von Bertold Brecht gerückt. Ab Mitte der sechziger und mit Unterbrechungen bis in die neunziger Jahre war er Dramaturg im Ber- liner Ensemble und leistete Theaterarbeit, die ihm viel Anerkennung einbrachte. So wurde Volker Braun 2006 zum Direktor der Sektion Literatur der Akademie der Künste gewählt. Volker Braun hat als Schriftsteller in allen literarischen Gattungen Be- deutendes geschaffen. Für seine Werke erhielt er mehrere angesehene Preise. In der Begründung zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises im Jahre 2002 hieß es: „… dem Dichter, der mit Erbar- men und Witz eine lebendige Chronik seiner geschichtlichen Welt geschaffen“ und „die Sprache und die Formen der philosophischen Epoche der deutschen Literatur erneuert und verwandelt hat“. Weiterhin wurden ihm verliehen der Heinrich-Mann-Preis (1980), der Lessing-Preis (1981), der Nationalpreis 1. Klasse (1988), der Schiller-Gedächtnis- Preis (1992), der Kritiker-Preis (1996) und weitere. Der Literaturzirkel Schildow hat Volker Braun bisher zweimal eingeladen. 2002 las er im Rahmen der „Schildower Clubgespräche“ aus „Wie es gekommen ist: Ausgewählten Prosa“. 2009 hieß das Thema „Lauchhammer“. Volker Braun engagierte sich schon immer für eine Lösung der mit der Braunkohleförderung verbundenen Probleme. Auch hier war er der Zeit voraus und konnte sich mit uns austauschen. Ausgetauscht hat er sich mit uns auch über einen kleinen Artikel, in dem er seine Beziehung zum Land Branden- burg poetisch ausdrückt: „Wer ist kein Brandenburger, wenn er Kleists ‚Michael Kohlhaas‘ gelesen hat? Wem wäre dieser ausrastende Roßhändler, einer der recht- schaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeitʹ nicht ans Herz gerückt?“ Unweigerlich ist dem Schrei- benden Brandenburg oft Ort der Hand- lung geworden. Wir freuen uns, dass Volker Braun, einer der bekanntesten deutschen Schrift- steller der Gegenwart, seinen Lieblings- platz hier in Schildow gefunden hat. Wir gratulieren ihm zu seinem 80. Geburtstag! Text: Günther Pioch Fotos: privat www.suhrkamp.de/autoren/volker_braun_564.html www.lyrikline.org/de/gedichte/lagerfeld-231 Das Buchcover seines neu erschienenen Werkes Gedicht von Volker Braun Volker Braun zusammen mit unserem Autor Günther Pioch Ein Platz der Ruhe – der Lieblingsplatz von Volker Braun in seinem Garten in Schildow GEBURTSTAG JUBILÄUM Volker Suhrkamp Braun Verlagerung des geheimen Punkts Schriften und Reden
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