Mühlenspiegel 26

27 HINTERBLIEBENE EHRENAMT Text: Sigrid Moser Fotos: Fotogruppe SichtWeisen, custos verlag aus Petras Feder, und von ihrer späteren journalistischen Tätigkeit beim OGA, wo sie über „Mitmenschen“ schrieb, profitierten eben- falls die Schildower Dorfgeschichten. Beim „Bürgerschild“ lernte sie auch ihren Mann Hubert ken- nen, der ab 1998 als Bürgermeister im Amt Schildow wirkte. Ihm verdanken wir z. B. den Bau des Bürgersaals in der Franz-Schmidt- Straße. Als der vitale Mann, an Demenz erkrankt, im Oktober 2006 den Freitod wählte, fiel Petra – nach eigenen Worten – in ein tiefes Loch. Zog sich zurück für Jahre, arbeitete viel, schrieb. Das Schreiben half ihr, sie brachte ihre Geschichte zu Papier. Und dann, nach und nach, auch die von anderen Frauen, die den Partner ver- loren hatten; authentische Erlebnisse, nur die Namen waren ver- ändert. Stoff für ein Buch. Der Titel „Das Bleiben schmerzt mehr als das Gehen“ war dem Gedicht „Memento“ der Lyrikerin Mascha Kalėko nachempfunden. Es wurde ein Verkaufserfolg, Petras Le- sungen waren immer gut besucht, 2013 meldete sich die „Tages- schau“ bei ihr. Es folgte die Fortsetzung, diesmal mit Männern, die den Verlust ihrer Frauen betrauerten. Auch dieser Titel „Trauer ist der Preis der Liebe“ fand und findet immer noch seine Leser. Das Thema Tod ließ Petra nicht los, bei weiteren Recherchen stieß sie auf den Begriff „Cafė Tod“, auch „Cafė Mortel“, eine Bewe- gung des Schweizer Soziologen Bernard Crettaz, die seither in 56 Ländern 6000 Nachahmer fand, in Deutschland bislang 32. Das einzige Beispiel in der Weltstadt Berlin gründete die selb- ständige Bestatterin Angela Fournes in Schöneberg. Gegen Ende 2017 fuhr Petra Wolf dorthin, war begeistert und beglückt, ließ sich beraten, so etwas wollte sie in Schildow ausprobieren, bei sich zu Hause. An dem provozierenden Titel „Cafė Tod“ hielt sie fest: „Er soll zum Nachdenken anregen. Wer sich der eigenen Endlich- keit bewusst ist, lebt intensiver“. Sie annoncierte in der hiesigen Lo- kalpresse und musste nicht lange auf Anrufer warten. Seit dem ersten Treffen im April 2018 fanden bisher sechs Be- gegnungen mit immer wieder neuen Teilnehmern statt. Sie kom- men aus der näheren Umgebung, auch aus Berlin. Das private Umfeld in Petras Haus begünstigt die geschützte Atmosphäre dieser Zusammenkünfte. Bei dem Ort soll es vorerst bleiben. Eine Ausnahme bildet eine von Petra organisierte Begegnung mit ihrer Berliner „Lehrmeisterin“ Angela Fournes, an der jeder Interessier- te ohne Voranmeldung teilnehmen kann: Am 23. März um 15 Uhr in der Schildower Schmalfußstraße. Das nächste „Cafė Tod“ bei Petra Wolf findet am 13. April statt. Anmeldungen unter 033056 74489 oder p.h.wolf@freenet.de

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