Mühlenspiegel 26
26 KOLUMNENTITEL KIRCHENGEMEINDE S onnabend Nachmittag im „Cafė Tod“: Bei Petra Wolf ist der Tisch einladend gedeckt, Kuchen und Plätzchen, natürlich selbstgebacken, laden ein zum Verzehr. Wieder sind alle Stühle besetzt, einige Gesichter kenne ich vom vorigen Treffen, aber auch neue Gäste sind da, ein Witwer mit seiner Schwester. Wir sind zwölf Personen, man musste sich vorher anmelden, fünf- zehn – so sagt sie – seien das Limit, damit jeder zu Wort käme. Auch diesmal sind wir schnell miteinander im Gespräch, jeder nennt den Grund seines Hierseins, nicht alle sind in Trauer, mei- ne anfänglichen Bedenken, in dieser Runde ein Fremdkörper zu sein, sind nichtig. Es geht um Probleme, die jeden betreffen. Um Leben und Sterben, das Wei- terleben auch nach einem Ver- lust, wenn mit dem Partner, der Partnerin ein Teil des Freundes- kreises wegbricht, Bekannte aus Scheu die Straßenseite wechseln oder man selbst noch nicht bereit ist zu neuen Gemeinsamkeiten. Praktische Fragen werden erör- tert, Versicherungsprobleme, die eigene Patientenverfügung, das Testament, wie bereite ich mich auf meinen Tod vor? Und – es Es geht immer ums Leben Petra Wolf und das Schildower „Café Tod“ darf auch gelacht werden. Petra ist Gastgeberin, sorgt für Kaffee- Nachschub, sie „moderiert“ nicht, drängt niemanden zum Reden. Beim vorigen Mal bedankte eine Frau sich in der Schlussrunde da- für, dass sie schweigend hatte dabei sitzen dürfen. Um eine solche Atmosphäre zu schaffen, bedarf es starken Einfühlungsvermö- gens und der eigenen Erfahrung, Petra besitzt beides. 1991, als ich begann, Stoff über die Geschichte von Mühlen- beck zu sammeln, lernte ich sie kennen. Sie hatte der Bürgerbe- wegung angehört, die sich hier im Dorf für die Anfänge einer demokratischen Erneuerung und die Befreiung von politischer Be- vormundung einsetzte. Als nach der Wende, im Februar 1990, „Bürgerschild“, das unabhängige Informationsblatt für Mühlen- beck und Schildow, aus der Taufe gehoben wurde, war sie unter den acht „frischgebackenen“ Redak- teuren, die fortan aufmerksam die kommunalen Geschicke in beiden Ortschaften begleiteten und zwei Jahrzehnte hindurch (ehrenamtlich!) über das Dorfle- ben informierten. Die Beiträge in der Mühlenbecker Chronik über die Zeit um die Wende stammen
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