Mühlenspiegel 25
22 Schwere Geburt Wie vier gallische Dörfer zur Großgemeinde wurden Text: Harald Grimm | Fotos: SichtWeisen, Oranienburger Generalanzeiger 15 Jahre Gemeinde Mühlenbecker Land SPEZIAL Es begab sich zu der Zeit, als die kleinen, aber noch selbstständigen Gemeinden Schildow, Schönfließ, Mühlenbeck und Zühlsdorf der Verwaltungshoheit eines Amtsdirek- tors unterstanden: Nur unter großen Mühen kam im Jahre 2003 die Ge- meinde Mühlenbecker Land zur Welt, landläufig nennt man so etwas wohl eine „schwere Geburt“. Wie alle Bran- denburger Orte unter 5.000 Einwoh- nern waren diese vier im Rahmen der damaligen Gemeindegebietsreform von ihrer politischen Vormundschaft aufgefordert, sogar heftig bedrängt worden, sich zu einer Gemeinde zu- sammenzuschließen. Das Land lockte mit einer Kopfprämie von 200 Euro pro Einwohner, damit sich die Un- schlüssigen oder sogar Widerstreben- den „freiwillig“ zum Zusammengehen und zur Familiengründung überreden ließen. Politische Witzbolde erfanden vor diesem Hintergrund für die neue Gemeinde Mühlenbecker Land die Kurzform „Müh’land“. Namensfindung und Vertrag Offiziell hatte diese Bezeichnung natürlich nicht zur Debatte gestanden, aber „Gemeinde Mühlenbecker Land“ war auch nicht die erste Wahl bei der Namenssuche: Einige Schildower hätten gern die ganze Gemeinde unter dem Namen des Amtes (Schildow) ver- einnahmt. Mühlenbecker wollten ihren Ortsnamen auch für die Gesamtge- meinde beibehalten, weil dort inzwi- schen der neue Rathaus-Anbau stand. Andere plädierten für den neutralen Namen „Fließtal“ – so wie der Abwas- ser-Zweckverband bis heute heißt. Und das hätte auch durchaus einen Sinn ergeben, denn das Abwasser floss bei der Geburt der Großgemeinde quasi als Geldfluss des kommunalen Lebens durch die Adern des Gemeindekörpers: Die neuen Abwasseranlagen waren teuer und der Verband Fließtal hatte ein starkes Interesse daran, die in den 90er Jahren neu entstandenen Wohn- gebiete wie Pfaffenwald in Schildow und Bieselheide in Schönfließ im eigenen Abwassernetz anzuschließen, damit die Gebühren auf möglichst viele Einwohner umgelegt werden konnten. Schließlich einigte man sich auf den nach ländlichem Wohnen klingenden Namen „Gemeinde Mühlenbecker Land“. Allerdings: Zühlsdorf und das Wohngebiet Bieselheide wollten ei- gentlich überhaupt nicht dazu gehören. Viele im Norden fühlten sich traditi- onell eher Basdorf und Wandlitz im Nachbarlandkreis Barnim verbunden – und im Süden schließt das Wohngebiet Bieselheide direkt an das besiedelte Gebiet der Nachbargemeinde Glieni- cke/Nordbahn an, während sich zum Dorf Schönfließ hin weite Ackerflächen erstrecken. Eine Bürgerinitiative sam-
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