Mühlenspiegel 24

14 Text: Birgit Rathmann Fotos: Fotogruppe SichtWeisen KUNST PORTRAIT In dem Gotteshaus will sie, die übrigens auch in der Bernauer Kirche schon ihre Spuren hin- terlassen hat, gemeinsam mit ihren Projektpartnern einen Erlebnisraum schaffen. „Kultur erlebbar machen“, das ist das andere große Thema der freischaffenden Künstlerin. Und was liegt da näher als mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten? So musste sie zwangsläufig auf die Idee kom- men, in die Schulen zu gehen. Nachdem sie seit einigen Jah- ren Projekte in den Bereichen Kunst und kulturelle Bildung an Schulen im Barnim durch- führte, ist sie jüngst auch an die Käthe-Kollwitz-Gesamt- schule herangetreten – und stieß auf offene Ohren. Nicht nur Schulleiterin Ka- thrin Haase war begeistert, auch Pfarrer Bernhard Hasse öffnete spontan die Pforten der Mühlenbecker Kirche. Und die hat einiges zu bieten: Nicht nur, dass die gelben Ziegel aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhun- derts in Mühlenbeck gebrannt wurden – bezeichnender Weise im Ziegeleiweg – auch die Fresken im Innenraum lassen die Historie lebendig werden: Sie entstammen der Hand des Summter Malers Dittebrandt. Die Schüler sollen ihren Hei- matort auf eine ganz andere Ihre Figuren ziehen oft in rätselhafter Dämmerung durch die Stadt (hier: Wir Sanften irren ) Die „politische Bühne” lieferte die Vorlage für dieses Bildnis (hier: Gesicht-Fassade-Maske) Art und Weise erfahren und sich mit der Geschichte vor Ort befassen; das ist die Intention der Projektleiterin. Heraus kam, so viel sei verraten, ein zauberhaftes Figurentheater. Jetzt müsse das Bild, untermalt in der Kirche durch Musik und Wort, noch zu einer Geschichte wachsen, so die Künstlerin. Über das spannende, sehr umfangreiche Schulprojekt unter dem Titel „Raum und Geschichte, Musik, Wort und Bild” wird in der Märzausgabe (2019) ausführlich berichtet. Aufgewachsen in Schildow lebte und arbeitete Annett Schauß, die nach einer Ausbil- dung zur Keramikerin Farb- und Oberflächengestaltung in Potsdam studierte, viele Jahre in Bernau. Im Sommer 2017 zog es sie zurück zu ihren Wurzeln nach Mühlenbeck. Das weckt Erinnerungen an die eigene Kindheit. Das Haus, in dem sie heute wohnt, gehörte damals einer lieben, ihr vertrauten Frau. Sie spürt den Geist der Vorbesitzerin und möchte ihn bewahren. So verewigte sie die in dem Haus verbliebene Schmetterlings- sammlung der Verstorbenen in einem ihrer Gemälde. „Ich bin jetzt hier und möchte das Leben in der Gemeinde mitge- stalten; mich hier assimilieren“, schildert die Grafikerin. Doch sei es für sie nicht schwierig, Orte auch wieder zu verlassen und neue Orte zu erleben. Sie zitiert Erasmus von Rotterdam, der ihr aus der Seele spricht: „Ich möchte gerne Welten- bummler sein“, sprach der Gelehrte. „Wer Neues erlebt, erfährt ganz neue Sichtweisen“, ist die Malerin, die die Verän- derung liebt, überzeugt. Überhaupt, was kommt, könne man nicht vorhersehen, oder, wie Kurt Tucholsky es ausdrücken würde: „Das Leben ist gar nicht so – es ist ganz anders“. Noch so ein Zitat, das an der Wand in ihrem Atelier hängt und sie in ihrem Schaf- fen begleitet. Annett Schauß, die in sogenannten „Mappenkursen“ junge Talente anleitet, die sich an einer Hochschule für ein Kunststudium bewerben wollen, gibt auch Kurse an der Volkshochschule. Dabei will sie in der Kunst nicht werten: „Ich freue mich über Leute, die ihren Stil finden, die Freude am Malen haben. Eine persönliche Linie in der Maltechnik ist wichtig, aber auch die Aussage. Ich zeige meinen Kursteilnehmern, wie man Sinn, wie man Charakter reinbringt.“

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