Mühlenspiegel 24
10 CHRONIK STRASSENNAMEN Wer war Hermann Schmalfuß? Straßennamen und ihre Geschichte Teil 3 – Die Schmalfußstraße in Schildow I n früheren Jahrhunderten wurden in kleineren Ort- schaften die Stellen des Leh- rers und des Organisten meis- tens in Personalunion von derselben Person ausgefüllt. Ein aus der Literatur augenfälliges Beispiel ist der Lehrer Lämpel aus Wilhem Buschs' „Max und Moritz“ (erschienen 1865). Zu- sätzlich zum Orgelspiel leiteten die Organisten ggfs. noch einen Chor und verrichteten Küs- terdienste. So auch Hermann Schmalfuß, der in Schildow ebenfalls als Küster, Organist und Dorfschullehrer in dem 1818 erbauten Schul- und Küs- terhaus tätig war. Eine Zeitreise Seit Anfang des 19. Jahrhun- derts gibt es in Deutschland die Schulpflicht. In den ersten Jahr- zehnten wurde sie vor allem im ländlichen Raum jedoch noch nicht streng eingehalten. Denn oft wurden die Kinder auf dem Feld und im Haushalt als Ar- beitskräfte gebraucht. Nur rei- che Familien konnten es sich erlauben, ihre Kinder ohne Unterbrechungen zur Schule zu schicken, oder hatten sogar einen Privatlehrer. Die Kinder standen meis- tens sehr früh am Morgen auf, denn sie mussten den Eltern auf dem Hof helfen, z.B. die Tiere füttern und Kühe melken. Erst danach ging es zur Schule. In der Schule gab es nur die Fächer Lesen, Schreiben, Reli- gion, Singen und Rechnen. Im Fach Rechnen wurden nur die Grundrechenarten vermittelt und im Schreiben beschäftig- te man sich nicht mit der In- terpretation von Texten und ähnlichen Dingen, sondern beschränkte sich im Wesent- lichen auf Rechtschreibung und Schönschrift. Der Lehrer schrieb einen Text an die Tafel, den alle Schüler in Schönschrift abschreiben mussten. Im Unterricht verhielten sich die Kinder sehr diszipli- niert, richtige Körperhaltung, keine Unterhaltung mit dem Nachbarn und schon gar nicht in die Klasse rufen. Die Hände mussten immer auf dem Tisch gefaltet liegen und der Körper immer gerade sein. Das ein- zuhalten war für die Kinder manchmal schwer, besonders für die Kinder der ersten Klas- se, die nicht immer stillsitzen konnten. In den Schulvisitationspro- tokollen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Lehrer mehr auf das „richtige“ Sitzen der Schüler achten soll- ten. So heißt es im November 1886: „Die Gewöhnung der Schüler an die richtige Kör- perhaltung ist aber nicht bloß ein Gebot der Schulgesund- heitspflege, sondern zugleich ein wichtiges Disciplinarmit- tel; denn es ist gewiss, dass ein Kind, welches angehalten wird, auf seine äußere Haltung zu achten, sich auch innerlich zusammennehmen und Akta der Selbstbeherrschung üben muss.“ Auch eine Regierungsent- schließung aus dem selben Jahr beschäftigt sich mit diesem Thema: Bei der gesundheitsmä- ßigen Schreibstellung der Kin- der sei auf folgendes zu achten: > Die Füße der Schüler müssen mit ihrer ganzen Sohle auf dem Boden oder Fußbrette ruhen. > Die Oberschenkel müssen mit dem größten Teil ihrer Länge auf der Bankfläche aufliegen: Die Schüler Hermann Schmalfuß (oben Mitte) mit Schülern vor dem Schulhaus Zeitgenössischer Klassenraum einer Dorfschule
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