Mühlenspiegel 23

LESEN BÜCHERSPIEGEL Wahre Helden "Jeder stirbt für sich allein" – ein Roman von Hans Fallada Text: Günter Pioch Bild: Aufbau Verlag www.aufbau-verlag.de Z um Schreiben dieses Romans war Hans Fallada gleich nach Kriegs- ende animiert worden. Es war Johannes.R.Becher, der sehr zeitig aus dem Exil aus Moskau zurückgekehrt war und ein Konzept mitbrachte, wie man Kultur- politik in einem Land ohne Großindust- rielle, ohne Großbanken und Junker auf die Beine stellen kann. Er machte Hans Fallada als einen der ersten Schriftstel- ler damit bekannt. Ein Bestandteil des Konzeptes war, sowohl emigrierte als auch in Deutschland gebliebene Künstler in ein neues kulturpolitisches Konzept einzu- beziehen. Fallada war sofort bereit, ein solches Programm zu unterstützen und machte sich mit Becher u.a. daran, einen Verlag zu gründen, was noch 1945 mit dem Aufbau-Verlag geschah. Das Projekt sah vor, Prozessakten von exekutierten Widerstandskämpfern durchzuarbeiten und daraus Romane zu entwickeln. Man fand die Akte gegen das Berliner Ehepaar Otto und Anna Quangel, das in der Zeit1940-42 zum Widerstand gegen die Nazis aufrief. Ihnen ist erst nach dem Tode ihres Sohnes im Frankreich- Feldzug der Gedanke gekommen, sich gegen das Hitler-Regime zur Wehr zu setzen. Da sie ihr privates Umfeld sehr gut kannten, war es wichtig, niemanden einzuweihen und ganz normal, aber mit wirksamen Schritten und Aussagen etwas zu unternehmen. Sie schrieben Karten und verteilten diese an sehr unterschiedlichen und entfernt voneinander liegenden Gegenden im Prenzlauer Berg und Stadtmitte. Sie rufen auf: Stiftet nicht für das Winterhilfs- werk! Arbeitet langsam, noch langsamer! Tut Sand in die Maschinen! Nach einem halben Jahr hatte die Gestapo 44 Karten gesammelt, von 48 verteilten. Wovon Quangels natürlich nichts wussten. Ihre Aktion war nicht wirkungsvoll und trotz- dem baute die Gestapo viele Szenarien auf, um den Wirkungskreis der Beiden einzuengen. Immerhin geht es um ein Delikt im Zentrum der Reichshauptstadt. Sozusagen im Nebenhaus der „großen Zentrale“ legt einer Postkarten mit Aufrufen gegen Hitler ab. Beim Ablegen einer Karte in einem Berliner Hochhaus traf Otto zufällig mit Trudel zusammen, der ehemaligen Freundin seines Sohnes. Sie warnte ihn und sagte, so können ihn auch andere erwischen. Es gab auch Festnahmen, von denen vermutet wurde, es sei der Kartenschreiber. Das wussten die Quangels alles nicht. Auch nicht, dass der den Vorgang führende Kommissar in der Prinz-Albrecht-Straße einsaß, weil der Kartenschreiber noch nicht gefasst wurde. Auch das Missgeschick der beiden, was zur Festnahme führte, wird ausführlich beschrieben. 1943 wurden beide hingerichtet. Hans Fallada (bürgerlicher Name: Rudolf Ditzen), litt sehr unter dem Druck der nationalsozialistischen Zustände in Deutschland. Er gerät psychisch und phy- sisch aus den Fugen. Wird tabletten- und alkoholabhängig. Auch nach Kriegsende gelingt es ihn nicht, sich vom Alkohol und Morphium zu befreien. Sein erster Roman nach dem Krieg kostet ihm alle Kräfte. Er schreibt ihn innerhalb von 4 Wochen und legt ihn Ende 1946 vor. Im Februar 1947 stirbt Hans Fallada. Am 21. Juli 2018 feiert man seinen 125. Geburtstag. Alle auf der Seite LESEN vorgestellten Bü- cher sind auch in der Bibliothek der Bür- ger- und Touristinformation erhältlich.

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