Mühlenspiegel 22

28 F ast hätte er Anfang der 60er mit seiner rauen Reibeisenstimme als der „Bill Ramsey des Ostens“ Karriere gemacht. Mit seinen rockigen deutsch-amerika- nischen Songs lag der smarte Sänger mit der blonden Tolle im Trend und begeisterte die Jugend. In der Hitparade war er bereits ganz vorn. Doch als der Chefideologe Eduard von Schnitzler ihn in der populären DDR-Live-Show „Amiga-Cocktail“ (übertragen direkt aus dem Friedrichstadt- Palast) sah und hörte, musste er „mit dem amerikanischen Geröhre“ sofort aufhören. „Da- mit war meine Gesangskarriere über Nacht beendet“, blickt Rolf Hudelhey (91) belustigt zurück. Seine gute Laune hat er sich dennoch nicht nehmen lassen und auch nicht die Liebe zur Musik. Seine Bestimmung hat er früh gefunden. 1927 in Berlin geboren stand er als kleiner Junge auf dem Hinterhof der elterlichen Wohnung am Ku-Damm und sang. Das hatte er sich bei den Leier- kastenmännern abgeschaut, die für ein paar Groschen mit ihren Gassenhauern die Berliner Straßen belebten. Da habe er sich eben auch in den Hof gestellt, erinnert sich der Künstler schmunzelnd. Und als seine Kinderstimme die Fenster öffnen ließ, schaute auch seine Mutter heraus. „Ich muss doch deine Haushaltskas- se aufbessern“, begründete er seinen Auftritt. Musik machen für andere, weil es Spaß macht, weil es anderen Freude bereitet, weil es Geld bringt. Das wollte er und so ging es weiter. Er spielte in der Schülerband, wünschte sich zur Konfirmation ein Sa- xophon, erhielt kurzzeitig Pri- vatunterricht für Klavier und Klarinette. Die meisten seiner Fähigkeiten jedoch brachte der begabte Musiker sich selbst bei, mit Fleiß und Leidenschaft. Dann kam der Krieg. Er wurde in die Wehrmachtska- pelle berufen und spielte an der Front in Russland. Nach Arbeitsdienst und Einberufung zur Marine wurde Hurdelhey im Juli 1945 aus englischer Gefangenschaft entlassen und folgte seinen ausgebombten Eltern zu den in Blankenburg (Harz) lebenden Großeltern. Hier fand er im örtlichen Kur- orchester eine musikalische Heimat und blieb. Drei Jahre lang lernte er dort als Volontär für Saxophon und Klarinette. Mit nur 23 Jahren gründete der begnadete Saxophonist seine Combo „Rolf Hurdelhey“, mit der er in den angesagten Bars aller großen Städte der DDR Ein Leben für die Musik Erinnerungen des DDR-Gesangsstars Rolf Hurdelhey aus Schildow Der Musiker in seinem zum Tonstudio umgebauten Keller

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