Mühlenspiegel 20

26 MIETWOHNUNGEN GEMEINDESPIEGEL D ie Schnitter-Kaserne könnte wohl aus dem Kaiserreich stammen“, meint Fachdienstleiter Enrico Neu- mann, als ich ihn nach dem Baujahr des Hauses in der Schönfließer Dorfstraße 21 frage. „Da wurden früher die Saisonar- beiter untergebracht, die bei der Ernte als Schnitter beim Mähen des Getreides ge- holfen haben.“ Eigentümerin der 6 Woh- nungen in diesem Gebäude und 32 weiterer Wohneinheiten in sieben Häusern in den anderen Ortsteilen ist die Gemeinde Müh- lenbecker Land. Wer allerdings vermutet, die Kämmerin habe hier ein Schatzkäst- chen verborgen, das sich Jahr für Jahr mit ansehnlichen Einnahmen füllt, ist auf dem Holzweg. 2013 stand im Oranienburger Generalanzeiger zu lesen: „Erschrocken haben die Mitglieder des Haupt- und Fi- nanz-Ausschusses reagiert, als ihnen die- ser Tage eine Liste über den kommunalen Wohnungsbestand vorgelegt wurde. Am Ende war ein Sanierungsrückstau in Höhe von einer Million vermerkt.“ „Eigentum verpflichtet“, legt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutsch- land in Artikel 14(2) als Grundrecht fest und fügt hinzu: „Sein Gebrauch soll zu- gleich dem Wohle der Allgemeinheit die- nen.“ Das gilt natürlich auch und erst recht für öffentliches Gemeineigentum. Aber woher hat die Gemeinde Mühlenbecker Land überhaupt Immobilien-Eigentum? „Die meisten Gebäude sind schon in der Weimarer Republik errichtet worden“, informiert mich Wolfram Ratayczak vom Die Gemeinde als Vermieter Das Wohnungseigentum der Gemeinde – sprudelnde Geldquelle oder Fass ohne Boden? Fachdienst Bau und Liegenschaften. Sie wurden in der DDR als Volkseigentum vom jeweiligen Rat der Gemeinde als kom- munaler Institution verwaltet. Nach der Wende trat am 29. März 1991 das „Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen“ – kurz: Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) – in Kraft. Unter diesem sperrigen Titel ver- birgt sich der staatliche Regelungsversuch, ehemals volkseigene Immobilien nach der Wende den neuen öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zuzuordnen. Ent- sprechende Anträge hat seinerzeit auch das Amt Schildow bei der damals zuständigen Oberfinanzdirektion gestellt. Nach der Durchforstung von Rückverfolgungsun- terlagen, der Klärung von Rückübertra- gungsansprüchen sowie der Beteiligung des Bundesamtes für offene Vermögensfra- gen (in Bezug auf die Enteignungen in der DDR) gelangten so acht Immobilien mit 38 Wohneinheiten in das Eigentum des Amtes bzw. 2003 der im Rahmen der Kommunal- reform neu zusammengefügten Gemeinde Mühlenbecker Land. Neben dem Schönfließer Schnitterhaus handelt es sich um die Objekte Lessingstra- ße 43 (erbaut 100 m 2 ), Gartenstraße 14/16 (93 und 84 m 2 ), Schmalfußstraße 6 (72 und 78 m2) in Schildow, Ahornallee 4 (7 Wohneinheiten von 27 bis 65 m 2 ), Schön- fließer Straße 16 (75 und 31 sowie einer Gewerbefläche von 75 m 2 ), Liebenwalder Straße 10 (12 Wohneinheiten zwischen 33 und 40 m 2 ) in Mühlenbeck und Wandlitzer Chaussee 11 (2 Wohneinheiten à 53 und 4 WE à 64 m 2 ) in Zühlsdorf. „Nr. 43 in der Lessingstraße wurde Mitte der 80er Jahre als so genanntes Ne- ckermann-Haus errichtet“, erinnert sich Ratayczak. Die DDR lieferte damals Fer- tigbauteile an die Neckermann Eigenheim GmbH in der BRD, die günstige Fertig- häuser schlüsselfertig anbot. Bauteile mit Mängeln wurden nicht exportiert sondern im eigenen Land verbaut. „Das war nicht immer ganz einfach – aber wir haben viel improvisiert.“ Auch das Haus in der Liebenwalder Straße stammt aus der DDR-Zeit. Es wur- de schon 1950 gebaut, um LPG-Mitarbeiter unterzubringen und Arbeitskräfte am Ort zu binden. Verwaltet werden diese Wohnungen im Auftrag der Gemeinde von der Carinta Im- mobilienservice GmbH in der Schönfließer Dorfstraße, Schönfließ Schildow, Schmalfußstraße Ahornallee, Mühlenbeck

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