Mühlenspiegel 19

17 OLDTIMER HOBBY Text: Gudrun Engelke Fotos: Gudrun Engelke Oldtimer-Liebe Ein Garagenbesuch bei den Knaaks in Schildow C hristian Knaak hat ei- gentlich nie Zeit, und wenn er welche hat, bas- telt er an Oldtimer-Fahrzeugen. Zur Zeit steht ein IFA H6 in der Werkstatt seines Vaters, in der auch schon Traktoren der legendären Marke Lanz Bull- dog wieder zum Leben erweckt wurden. Der riesige LKW H6, Baujahr 1953, wurde im sächsi- schen Kraftfahrzeugwerk Wer- dau bis 1959 gebaut und ist für 6,5 Tonnen Nutzlast ausgelegt. Er beeindruckt allein schon von seinen Ausmaßen und dem geräumigen Fahrerhaus und galt in der DDR als Fahrzeug mit der höchsten Nutzmasse und besonders hoher Zuverläs- sigkeit. Er ist noch im Aufbau, berichtet der Schildower stolz. Gemeinsam mit seinem Va- ter, Reinhard Knaak, haben sie das Fahrzeug gänzlich und bis auf die letzte Schraube zerlegt und bauen es nun neu auf. Das dauert schon eine Weile, gibt Christian Knaak zu. „Es ist mein Hobby. Fahren ist dabei nicht das Beson- dere, sondern es ist die Herausforderung, etwas Instand zu setzen und der Nachwelt zu erhalten Es ist einfach interessant, alte Nutz- fahrzeuge zu suchen und wieder instandzusetzen. Es dauert 4-5 Jahre, bis sie wieder fahrtüchtig und straßentauglich sind“, berich- tet Knaak. Sein Interesse für die Fahrzeuge wurde schon während seiner Kindheit geweckt. Sein Großvater Kurt war Landwirt und besaß in den 1950-er Jahren, aber auch später, einen Lanz Bulldog. Und auch an die damaligen LKW´s, die in Schildow den Winterdienst auf den Straßen durchführten, erinnert sich Christian Knaak sehr genau. War er mit seiner Großmutter auf dem Weg zum Fleischer in der Mittelstraße, durfte er am Straßenrand auf die imposan- ten Fahrzeuge mit Schiebeschild warten und bewunderte ihre technische Perfektion. Wahr- scheinlich begründeten diese Kindheitserlebnisse seinen Be- rufswunsch: LKW-Schlosser. Später lernte Christian Knaak im KIB in Berlin diesen Beruf. Lange bevor der Hype auf den sogenannten Ackerschlep- per Lanz Bulldog begann, schraubten Vater und Sohn in ihrer Garage und bauten zu- nächst einen kleinen (4,7 l Hub- raum) Bulldog auf. Der blaue Lanz mit 25 PS stammt aus dem Jahr 1939 und ist auf Grund sei- nes besonderen Klanges schon von Weitem zu hören, sollte es einmal auf die Straße gehen. Er wurde vor allem wegen seiner Robustheit und einfachen Kon- struktion im Arbeitsprozess geschätzt. Doch der eine Lanz reichte nicht. Und so gesellte sich ein Zweiter, größerer Bru- der dazu, einer mit 10 l Hub- raum. Da die Nachfrage sehr groß ist, werden auch genügend Ersatzteile angeboten, erzählt der junge Mann. Seine Vision war jedoch noch ein LKW, so einer, den er mal im Juni 1990, beladen mit zwei Lanz Bulldog, gesehen hat. In Stendal ist er dann fündig geworden. Einge- wachsen und von Schnee be- deckt, stand dort ein Kipper H6. Es begann eine streng gehei- me Aktion, wie sich Christian Knaak erinnert, denn dieser Schwerlastkraftwagen sollte das Geburtstagsgeschenk für seinen Vater werden. Es gelang, ihn mit Tieflader ungesehen nach Schildow zu bringen; und so stand zum 50. nicht nur Torte auf dem Tisch, sondern ein, wenn auch ziemlich ramponierter H6 mit 190 PS vor der Tür. Von dieser LKW-Serie gibt es höchstens noch 1000 Stück; Ersatzteile sind vorhanden, aber man muss auch viel nachfertigen lassen. Ein Blick in die (beheizbare) Werkstatt-Gara- ge bestätigt das: Ersatzteile und passendes Werkzeug sind penibel sortiert und abgelegt. „Mein Vater ist der brillante und technische Vordenker und immer der Vertreter für eine 100%-ige technisch saubere und anspruchsvolle Lösung“, erzählt Christian Knaak. Der Vater meint „Christian steht mehr für das äußere Erscheinungs- bild, Lack und Farbton“. Über die Jahre sind Vater und Sohn eine eingeschworene Ge- meinschaft geworden und arbeiten zusammen, so wie es ihre Zeit zulässt. Beide haben ihre Akzente gesetzt und gehen heute mit dem Hobby entspannter um, einen zeitlichen Leistungsdruck gibt es nicht. „Wenn der LKW einmal fertig ist, ist wahrscheinlich Schluss“, so Reinhard Knaak; neben anderen Problemen ist man mit dem Platz irgendwann mal am Ende. Die Garagen sind den Traktoren vorbehalten und unter dem Carport steht neben der Zugmaschine H6 auch noch ein Multicar. Ein kleines wen- diges Fahrzeug und „sehr prak- tisch“, wie Christian Knaak be- tont. Er schaut schon unruhig zur Uhr, ein Nachbar bat ihn vorhin um Hilfe bei der Abfuhr eines umgestürzten Baumes. Auf Oldtimer und Knaaks ist eben Verlass. Ein Hobby, das Platz braucht Besonders Traktoren faszinieren die Oldtimer-Liebhaber

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