Mühlenspiegel 17

WIRTSCHAFT INNOVATIONEN 26 Die Erfinder der Bio-Windel Kathrin und Dominic Franck aus Mühlenbeck haben kompostierbare Windeln entwickelt D ie weit verbreiteten Höschenwindeln, auch Einweg- oder Weg- werfwindeln genannt, sind für Eltern heutzutage eine praktische Erfindung. Sie ha- ben aber im Herstellungspro- zess und in der Entsorgung – bedingt durch den hohen Kunststoffanteil - gravierende Nachteile bezüglich ihrer Um- weltfreundlichkeit. Diese herkömmlichen Windeln haben eine Außen- hülle aus Polyethylen (PE) sowie einen Saugkörper aus Zellstoffmaterial, der bei modernen Windeln oft mit einem sogenannten Superab- sorber, der aus Polymersalzen besteht, angereichert ist. Da- durch kann das Vielfache der Flüssigkeitsmengen im Volu- men des Sauganteils gebun- den werden. Leider wird bei Druck die Flüssigkeit nicht (wie bei einem Schwamm) wieder abgegeben. An der Au- ßenschicht der Windeln sind Klettlaschen vorhanden, um die Windel an den Umfang des Babykörpers anzupassen. Sie sind allgemein mit einer Kunststofffolie überzogen, um das Durchsickern von Flüssigkeiten zu verhindern (rund einen halben Liter Urin fasst eine Einwegwindel der Größe vier, die zu den gän- gigsten gehört. Die übliche Füllmenge liegt bei 200 bis 250 Milliliter in einer Nacht, in der die Windel den längs- ten Zeitraum ohne Wechsel überstehen muss) Doch so unbedenklich, wie der Umgang mit den Plas- tikwindeln erscheint, ist er aber nicht. Denn Plastik ver- schwindet nicht einfach so, da es nicht verrottet. Noch in hunderten von Jahren wird je- des einzelne Stück Plastik, das jemals hergestellt und nicht verbrannt wurde, irgendwo auf der Erde existieren. Be- reits jetzt stapelt sich Plastik auf Mülldeponien, schwimmt in riesigen Mengen im Meer und in Flüssen und hat töd- liche Folgen für die Tiere, die es verspeisen. Plastik kann zwar verbrannt werden, da- durch entstehen dann aber andere giftige Stoffe. Hierzu einige interessan- te Fakten: 6.000 – das ist die Anzahl der Windeln, die ein Kind durchschnittlich ver- braucht, bis es sauber wird. Würde man diese 6.000 Windeln alle auf einen Berg stapeln, wäre dieser rund 1 Tonne schwer und hätte das Volumen von rund 12 Kubik- metern. Soviel fasst ungefähr ein Frachtcontainer Müll, der in der Regel über die Rest- mülltonne entsorgt wird. Etwa 740.000 Neugebore- ne gab es 2015 in Deutsch- land. Die kleinen „Hintern“ dieser Babys benötigen im Durschnitt täglich 5 Windeln, hochgerechnet sind das 3,7 Millionen Windeln am Tag. Laut dem BUND liegt der Anteil von Windeln am Müllaufkommen in manchen Städten schon bei zehn Pro- zent. Angesichts dieser Proble- matik stellten sich der Erfinder Dominik Franck aus Mühlen- beck und seine Kathrin, zwei ganz normale Eltern von zwei Töchtern die Frage, ob in einer Windel tatsächlich so viel Che- mie stecken muss. Dominik Franck begann die Sache zu überdenken. Wel- ches kompostierbare Material konnte den Kunststoff erset- zen? Nach längerem Tüfteln entwickelte Franck schließlich einen Saugkern aus Kartof- felstärke. Damit hatte er die wichtigste Voraussetzung für eine umweltfreundliche Win- del geschaffen. Zusammen mit einem Windelhersteller hat er dann den Prototyp einer Windel entwickelt. Sie ist nicht nur wegen des neuen Saugkerns umweltfreundlicher, sondern auch wegen der Hülle. Die be- steht nämlich aus biologisch abbaubarer Maisstärke. Das Ziel des Erfinders: Die Windeln sollen in Zukunft nicht mehr im Restmüll lan- den, sondern kompostierbar sein. Das Ehepaar Frank über- legte zuletzt, wie eine perfekte Windel aussehen sollte. Sie müsste die Vorzüge von Stoff- und Wegwerfwindeln kombi- nieren, dürfte nicht teuer sein und müsste aus nachwach- senden Rohstoffen herstellbar und wenn möglich biologisch abbaubar sein. Warum dann auch nicht für den heimischen Kompost geeignet? In den alternativen Windeln wären sicher gute Nährstoffe für die Bodenentwicklung enthalten. Diese Idee ließ die beiden nicht mehr los.Sie erzählten Mittlerweile werden die Windeln der Francks nach ganz Deutschland verschickt. Die Vor- bereitung und Abwicklung des "kaufmännischen Teils" erfordert viel Büroarbeit.

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