Mühlenspiegel 17
ERINNERUNGEN LEBENSLÄUFE Text: Birgit Rathmann Fotos: Fotogruppe SichtWeisen, Bundesbildarchiv de in den Restaurants und opulenten Sälen täglich auf- getischt. Hochrangige Partei- funktionäre, internationale Delegationen und Staatsgäste waren oft zu Gast. Und natürlich war die Qualität entsprechend. In der Palastküche wurde „richtig gekocht mit Rohstoffen und Lebensmitteln, die die Gast- stätten der Handelsorganisa- tion nicht kriegten", erzählt der Mühlenbecker. Es gab Frischfisch und Kaviar, sogar Malossol, Rumpsteak, Filet- steak, frisches Gemüse aus al- ler Welt und Südfrüchte. Das Brot wurde selbst gebacken. Legendär war die „Milchbar“. 20 Sorten Eis gab es ständig im Angebot. Die hauseigenen Pâtissiers stellten alles selbst her – Torten, Gebäck und Waffeln. Und so kam der Lehrling aus Mühlenbeck in den Ge- nuss einer zu DDR-Zeiten exzellenten Ausbildung. Die Spitzenköche der Republik waren seine Lehrmeister: „Es war ein tolles Arbeiten mit Top-Leuten“, schwärmt der 53-Jährige. Doch Lehrjahre sind bekannt- lich keine Herrenjahre, auch nicht im Palast der Republik. In der zentralen Vorberei- tungsküche hieß es erst mal schneiden, schnippeln und garnieren. Und sein erster Ar- beitstag endete mit blutigen Fingern und Daumen. 250 kg Rotkohl hatte er mit dem Messer bearbeitet. „Schnei- den lernt man eben nur über die Menge. Kochen ist ein Handwerk“, so der Profi. Ordnung und Sauberkeit in der Palastküche waren „un- glaublich“. Natürlich herrschte der in Küchen übliche Kom- mandoton. „Jeder wusste ge- nau, was er zu machen hatte. 3000 Essen à la carte bzw. à la minute, das funktioniert nur mit Disziplin“. In der Küche wird gebrüllt. Durch- setzungsvermögen und fach- liches Können waren wichtig. Strukturiert ging es zu, wie bei der Armee, erzählt der Müh- lenbecker Gastronom. „Und das hat Spaß gemacht.“ Stets hatte er strenge aber faire und fachlich gute Chefs. In der Küche herrschte gute Laune. Es wurde „rumgealbert“, und (auch schon mal derbe) Witze wurden gemacht. „Es war immer spannend imPalast, jeden Tag gab es was Neues“, erinnert sich Dirk Ja- nutta. Nie hatte er das Gefühl, die Arbeit sei eine Belastung. Eine besondere Auszeichnung war es, „wenn man bei einer großen Veranstaltung am Buf- fet stehen durfte.“ Natürlich war alles „ost- mäßig angehaucht“. Und na- türlich waren sie „auf dem Ta- blett“. Sie wussten, dass Leute der Stasi unter ihnen waren, dass sie „bespitzelt“ wurden, sagt Dirk Janutta, der seine Stasi-Akte später nie einsehen wollte. Sie waren Geheimnis- träger und sind an Sachen gekommen, an die nicht jeder kam. Doch darüber hat er nie nachgedacht. „Es war in Ordnung so“. Es war „ganz normal“. Er war ein Kind der DDR, und er war privilegiert: Seit dem 5. Lebensjahr im Leistungssport, in der FDJ organisiert, Schüler einer Eli- teschule, verbrachte er eine unbeschwerte, tolle Kindheit und Jugendzeit, und er hatte eine traumhafte Lehrstelle. Die Probleme begannen, als er nach Lehre und Armee gedrängt wurde, in die Par- tei einzutreten und auf dem Traumschiff der DDR, der Arcona, als Koch anzuheu- ern. Da wurde es ihm zu eng, die Kontrolle auf der Arcona war ihm zu streng. Und so entschied er sich, nachdem er noch ein Jahr lang im Be- triebsrestaurant des Palastes gearbeitet hatte, seine Eltern zu unterstützen, die gerade das Café Feldheim in Müh- Weihnachtsbäume aus Schweden Nordmann-Tannen von 1.50 m – 2.50 m Wir haben auch den schwedischen „königlichen Schlossbaum“, besonders schön gewachsen und groß! Auf Wunsch liefern wir Ihren Baum nach Hause. Ö nungszeiten Montag bis Sonntag: 10.00–16.00 Uhr Glienicker Chaussee 4 a–c 16567 Schön ieß ✆ 03 30 56 / 765 00 Fax: 03 30 56 / 760 16 Der Palast der Republik befand sich am heutigen Schlossplatz im Berliner Stadtbezirk Mitte. Er wurde zwischen 1973 und 1976 auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Stadtschlosses errichtet. Er beherbergte u.a. eine große Zahl von Veranstaltungsräumen. Aufgrund seiner vielen Leuchter wurde es im Volksmund auch "Erichs Lampenladen" (Erich = Erich Honnecker) genannt. Das Gebäude wurde wegen seiner Asbestbelastung abgerissen. Das Foto zeigt die große Empfangshalle lenbeck eröffneten, um der „versorgungspolitischen Auf- gabe“ der Republik gerecht zu werden. Heute ist Dirk Janutta Chef im Café Feldheim. Er erinnert sich gerne zurück, doch die Zeiten haben sich geändert und das ist gut so, sagt er. Und wenn der ehema- lige Gastronomische Direktor des Palasts der Republik, der nun seinen Lebensabend in Summt verbringt, zum Spei- sen ins Café Feldheim kommt und ihn begrüßt: „Na, Dirk, wie geht´s denn so?“, freut er sich: „Das ist schon ein erha- benes Gefühl“. 17
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