Mühlenspiegel 16
31 NOTFALLRETTUNG GEMEINDESPIEGEL zent aller Fälle in einem Jahr innerhalb von 15 Minuten erreicht werden, um Erste Hilfe leisten zu können. Dafür ist der RTW u. a. mit einem internistischen Notfall- Koffer ausgestattet, einem weiteren für die Beatmung; auch EKG-Gerät, Defibril- lator, tragbare Sauerstoffeinheit, mobile Absaugeinrichtung (für Blut, Schleim oder Erbrochenes) gehören zur medizinisch- technischen Ausstattung, mit der Rettung- sassistenten (RA) nach zweijähriger Ausbil- dung routiniert umzugehen gelernt haben. Seit 2014 lautet die neue Berufsbezeichnung „Notfallsanitäter“ (NFS) und die Ausbil- dung zu dieser höchsten nichtärztlichen Qualifikation im Rettungswesen wurde aufgrund der medizinischen Entwicklung auf drei Jahre verlängert. Unfälle auf der Arbeitsstelle, im Haus- halt oder ein „VKU“ (Verkehrsunfall) – auch auf der A 10 zwischen Birkenwerder und Weißensee – sind häufige Ursachen für die Alarmierung der Schönfließer Ret- tungswache, außerdem medizinische Not- fälle wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Asthma. Die Anrufe kommen aus Woh- nung oder Senioreneinrichtung, aber auch aus dem Garten oder von der Straße, wo jemand unglücklich gestürzt oder in der heißen Jahreszeit mit Kreislaufstörungen zusammengebrochen ist. „Koplawu“ lautet nicht selten das knap- pe Stichwort zur internen Verständigung: Kopf-Platzwunde. Dazu muss der Notarzt nicht unbedingt herbeigerufen werden, wenn die RTW-Besatzung selbst den Pati- enten verarzten oder zur Weiterbehandlung ins Krankenhaus bringen kann. Formal hat der Rettungsassistent die Entscheidun- gen zu treffen, de facto bildet er mit seinem Kollegen ein gemeinsam handelndes Team. Ein Wandschränkchen im Transporter ist allerdings dem Notarzt vorbehalten: Nur unter bestimmten Voraussetzungen darf der mit einer Notkompetenz ausgestattete Rettungsassistent bzw. Notfallsanitäter Me- dikamente verordnen. Wenn kein Arzt vor Ort ist, trifft er erforderlichenfalls auch die Entscheidung, nach welchem Krankenhaus gefahren wird. Bei polytraumatischen Vorfällen mit mehreren schweren, teilweise lebensge- fährlichen Verletzungen tragen die pro- fessionellen Notfall-Helfer vor Ort große Verantwortung, wenn sie – unter Umstän- den noch vor dem Eintreffen des Notarztes – entscheiden müssen, welche Rettungs- maßnahmen bei einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten - zum Beispiel bei einem Busunglück, einer Evakuierung oder im Katastrophenfall - als erste ergrif- fen werden. Von ihrer Umsicht und Kom- petenz hängt Menschenleben ab. „Wir sind unseren Einsatzkräften täglich zu großem Dank verpflichtet“, betont Fachdienstleiter für Bevölkerungsschutz Jan Malchow. In der Rettungswache Schönfließ stehen zwei Fahrzeuge – aber meistens nicht lan- ge: Auf rund 3.300 Einsätze komme dieser Standort im Jahr, informiert Jan Malchow. Wenn man für einen Einsatz inklusive Er- ledigung der erforderlichen Formalitäten insgesamt zwei Stunden rechnet, sind das etwa zehn Ausfahrten täglich, d. h. die Wa- che ist ausgelastet und die Mitarbeiter ha- ben während ihrer Dienstzeiten (7 – 19 / 19 – 7 Uhr) mitunter gar keine Ruhepause. Auf Kreisebene wird daher auch erwogen, hier ein weiteres Fahrzeug zu stationieren, um - ggf. in Form einer abgesetzten Wache - die Hilfsfrist von 15 Minuten auch in Zukunft einhalten zu können. In dem Zusammen- hang weist Malchow auf ein verändertes Be- nutzungsverhalten in Bezug auf Notfallmel- dungen hin: „Auch wenn im eigentlichen Sinne gar kein Notfall vorliegt, wird die 112 angerufen, einfach weil viele Menschen sich nicht anders zu helfen wissen.“ Dabei han- dele es sich um eine deutschlandweit stark diskutierte Entwicklung. Der Bund-Länder- Ausschuss Rettungswesen hat dazu 2015 ein entsprechendes Thesenpapier entwickelt, und im Rahmen einer Studie zur Notfall- versorgung widmet sich das Land Bran- denburg aktuell dem Thema zunehmender sozialer Vereinzelung und Isolierung. Zwar hoffe ich weiterhin, den Transport „mit Blaulicht und Musik“ möglichst nicht in Anspruch nehmen zu müssen – aber mich beruhigt der Eindruck: Im Notfall ist der Rettungsdienst Oberhavel professionell und qualifiziert auf mich vorbereitet. Ein- satzleiterin Juliane Lieger versichert: „Wir honorieren die Arbeit unserer rund 180 Mitarbeiter(innen) übertariflich und versu- chen die besten zu bekommen.“ Text: Harald Grimm Fotos: Fotogruppe SichtWeisen www.oberhavel-kliniken.de
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