Mühlenspiegel 12
46 D ie ersten Begegnungen mit den großflächig die Wände der Mühlen- becker Kirche schmückenden Fres- ken hatte ich in den Gottesdiensten meiner Konfirmandenjahre kurz nach dem Krieg, als wir, in Berlin wohnend, die Sommerwochenenden auf dem Grundstück am Jägerhof verlebten. An den Bildern beeindruckte mich, gleichsam die Überwin- dung des Todes durch die sprießenden Reben sym- bolisierend, der an einem Weinstock gekreuzigte Christus, darunter – unver- kennbar – Martin Luther als Gärtner. Die künstleri- sche und besondere zeit- geschichtliche Bedeutung der Arbeiten wurde mir dann erst in den 90er Jahren klar als ich an der Dorfchronik arbeitete. Die Entstehung der Fresken fiel in die Mitte der 30er Jahre, als die Propaganda der Nationalsozialisten, eine „Arisierung“ des Christentums und die Befreiung von der „jüdischen Umklammerung“ fordernd, bereits viele Kirchengemeinden spaltete. Die Botschaft der Fresken Der Summter Künstler Kurt Dittebrand – ein Maler als Mahner Den Anhängern der „Bekennenden Kir- che“ standen vielerorts die sogenannten „Deutschen Christen“ gegenüber. So auch in Mühlenbeck. Seit 1932 wohnte der Kunstmaler Kurt Dittebrand, entschiedener Gegner der Nazis und – wie der Mühlenbecker Pfar- rer Ruhnke – Anhänger der „Bekennen- den Kirche“ in Summt. Er war arbeitslos. Ruhnke und Dittebrands früherem Schö- neberger Seelsorger von Rabenau gelang es, Spendenmittel reicherer Gemeinden aus dem Kirchenkreis für die Ausmalung der Kirche und damit eine Auftragser- teilung für Dittebrand zu erwirken. Das Spendengeld war personengebunden, darum stimmten auch die Neinsager im Gemeindekirchenrat schließlich zu. Das Honorar wurde monatlich ausgezahlt, mit anfangs 150 Mark ein Hungerlohn. Nach dem Tod von Pfarrer Ruhnke (Janu- ar 1937) musste der Künstler hart um eine letzte Rate kämpfen. In die Vorbereitungen war die ganze Familie einbezogen worden. Der in Summt lebende Enkel Gunnar Benisch erzählte es unserem Fotografen Reinhard Musold: „Schnittmusterartig wurden die Muster für die Figuren und Gegenstände zu Hau- se auf dem Fußboden ausgebreitet und ausgeschnitten, bevor sie der auch für die gesamte Organisation allein verantwortli- che Maler, anfangs bei bitterer Winterkälte auf einem schmalen Gerüst balancierend, an die Kirchenwände projizierte.“ Im Mai 1937 war die handwerkliche Arbeit erle- digt. Dittebrand wählte neutestamentliche Gleichnisse vor allem aus dem bäuerlichen Bereich, die er, in sehr persönlicher Aus- legung, reich mit Bibelzitaten in gotischer Schrift versah. Zeit- und situationsbedingt Kurt Dittebrand
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