Mühlenspiegel 12
LEGENDEN CHRONIK Auch diese Geschichte spielt an einem realen, lokalisierbaren Ort im Mühlenbecker Land. Der Gerstenberg, der heute allen- falls noch den älteren Einwohnern ein Begriff ist, bezeichnet die kleine Anhöhe auf den weiten Feldern zwischen Schildow und Schönfließ. Im Jahr 1591 bildete „das Fließ hinunter bis an das Schönfließer Feld, an den Gerstenbergen, wo die Felder von Schildow, Schönfließ und Mühlenbeck zusammenstoßen“ die Dorfgrenzen. Verschiedene Sagen, in denen übernatürliche Wesen wie Zwerge und Kobolde eine Rolle spielen, ranken sich um den von Wald umgebenen Ortsteil Zühlsdorf: Der Zühlsdorfer Kobold Ein junges Mädchen trug seinem Onkel, der im Walde arbeitete, Mittagsbrot zur Arbeitsstelle. Eines Tages sah es den arbeitenden Männern eine Weile zu. Da fiel ihm auf, dass der Nachbar des Onkels mit dem Ausgraben eines Stubbens so schnell fertig wurde. Es machte den Onkel auf einen bunten Vogel aufmerksam, der ganz in der Nähe des Nachbarn herum hüpfte. Der Onkel sagte: „Verhalte dich ganz still, das ist der Kobold, der uns bei der Arbeit behilflich ist.“ Der Zwergenberg bei Zühlsdorf Auf dem Zwergenberg bei Zühlsdorf konnte man früher des Nachts Zwerge sehen. Diese trugen Laternen und machten nicht selten ein Feuer an. Bei einem Feste, das die Zwerge veranstalteten, wurde ein Fass Bier umgestoßen. Noch heute ist diese Stelle zu sehen. Der Sand ist dort feucht und gelblich. Selbst im heißesten Sommer wird die Stelle nicht trocken. Der Zwergenberg, im angrenzenden Wald nord-westlich des Dorfzentrums gelegen, ist heute ein beliebter Treffpunkt in Zühlsdorf. Wird er im Sommer gern von Eltern und Kindern zum Spielen aufgesucht, dient er im Winter als Rodelberg. Auch auf Jugendliche übt der geheimnisvolle Ort eine magische Anzie- hungskraft aus. Hier trifft man sich gern in den Abendstunden. Die feuchte Stelle, die die Zwerge verursacht haben sollen, ist jedoch nicht mehr auffindbar. Allerdings, von einer gewis- sen Feuchtigkeit zeugt der üppige Pflanzenwuchs am Fuße des Hügels. Selbstredend fehlt es auch an einer Sage über die Historische Mönchmühle nicht. Um das Jahrhunderte alte Gemäuer mit sei- ner langen, bewegten Geschichte rankt sich eine düstere Legende aus der Zeit, als die Mühle noch von Mönchen betrieben wurde: Der Förstertochter trauriger Tod Zu den Mahlkunden der Mönchmühle gehörte der Jäger Kilian, ein Witwer, der mit seiner Tochter Waldtraut in Schönerlinde lebte. Sie wurde die Braut des braven Jagdgehilfen Hubertus, für Vater Kilian ein willkommener Eidam. Alles schien bestens arrangiert. Doch als das Mädchen für seinen Vater das Korn in die Mühle schaffte, um es von den Mönchen zu Mehl mahlen zu lassen, da lauerte dort das böse Geschick in Gestalt des Bruders Chlodwig. Von gänzlich unfrommen Begierden beherrscht, lockte er die Arglose in seine Kammer. Dort beteuerte er, bei ihrem Anblick in heißer Liebe entbrannt zu sein und versprach ihr goldene Berge; in den Ritterstand wolle er zurückkehren und sie als seine Gemah- lin aufs väterliche Schloss heimführen. Doch die ihrem Hubertus treu ergebene Waldtraut schlug die steile Karriere aus. Das bracht Chlodwig in Rage, er missgönnte die Jungfrau dem anderen und schmiss sie kurzerhand aus dem Fenster, direkt ins Mühlrad hinein, das nichts von ihr übrig ließ. Der Vater und der Bräutigam glaubten lange, sie sei ein Opfer wilder Tiere geworden. Bei dieser Version wäre es wohl auch geblieben, wenn nicht eines Tages, von Gewissensbissen geplagt, Chlodwig seinem Prior, dem guten Abt Wunhold, die Mordtat gebeichtet hätte, welche diesen so erzürnte, dass er den Bösewicht in alle Ewigkeit verfluchte. Jammernd und wehklagend sollte sein Geist dereinst nächtens um die Mühle irren, und von dem hölzernen Tisch, an dem der Mordbube bisher mit den Klosterbrüdern gespeist hatte, sollte nie mehr gegessen wer- den. Der Himmel bekräftigte den Spruch mit Donner und einem Blitzschlag, der die beim Hause stehende Kastanie säuberlich zwei Fuß über dem Erdboden spaltete. Gleichzeitig sauste der Mühlstein durch die Luft und landete, den bösen Chlodwig zerquetschend, akkurat auf dem Baumstumpf. Auf diese Weise wurde der hölzerne Esstisch durch einen aus dauerhaftem Material ersetzt. Text: Birgit Rathmann Fotos: Fotogruppe SichtWeisen, Joachim Kullmann, Fotolia Tipp: Bis zum 1. Nov. zeigt unser Landkreis die Ausstellung „Oberhavel – Ein Landkreis in Sage, Legende und Wirklichkeit“. Ort: Entresol des Kreismuseums, Schlossplatz 1 in Oranienburg. 16 Zauberhaft: Der Zwergenberg, sommers wie winters beliebt bei Jung und Alt Geheimnisvoll: Die 800 Jahre alte Mönchmühle hat bewegte Zeiten erlebt
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