Mühlenspiegel 12
V or Jahrhunderten, als die Menschheit noch keinerlei schriftliche Zeugnisse kannte, boten zahlreiche Orte, Na- turbegebenheiten und Ereignisse Anlass für Geschichten und mystische Erzählungen, die von Generation zu Generation mündlich überliefert und erst zu späterer Zeit aufgezeichnet wur- den. Sagen enthalten in der Regel einen wahren Kern. Oft gehen sie von einer denkwürdigen wahren Begebenheit aus, die phan- tasievoll ausgeschmückt wurde. Manchmal entspringen sie auch der reinen Phantasie. Immer aber ermöglichen sie Rückschlüsse auf Denkweise und Lebensumstände früherer Kulturen und geben Aufschluss über deren Lebensweise und Sprachgebrauch. Auch unsere Heimat, das Mühlenbe- cker Land mit seinen vier historischen Ortsteilen, besitzt eine sagenumwobene Umgebung. Sagen und Legenden vermögen uns in frühere, lang vergessene Zeitalter zu- rückzuversetzen und so bewahrt manch ein Ort seine geheimnisvolle, mystische Ausstrahlung bis in unsere moderne Zeit hinein. Das stärkt Heimatliebe und Tradi- tionsbewusstsein. Die Legende von der treuen Gän- semagd etwa erzählt, wie der beliebte, naturbelassene Katharinensee in Schil- dow zu seinem Namen kam. An diesem Dorfsee, der im Mittelalter der Kirche in Schildow gehörte und deren Altar der heiligen Katharina geweiht war, soll sich der Sage nach eines Tages Schauriges abgespielt haben: Sagenhaftes Mühlenbecker Land Der See behielt die Gänsemagd Einst führte das Gänsemädel Katharina aus Schildow ihre Gänse an das Ufer des Sees. Plötzlich zog ein schweres Unwetter auf und ihre Tiere suchten eine sichere Zuflucht im Schilf. Katharina versuchte jedoch, ihre Gänse in das Dorf zurückzutreiben. Dabei stürzte sie in den tiefen See. Von ihrem Todesschrei erschreckt, flo- gen die Gänse auf und zogen in einem Flug in das Dorf zurück. Ver- geblich wartete man auf die Rückkehr des Gänsemädels. Sie ward nirgendwo gefunden. Wahrscheinlich hatte sie der See behalten. Seit dieser Zeit soll der See Katharinen-See heißen, und bis heute soll die Seele des Mädchens keine Ruhe gefunden haben. In bestimmten Nächten soll sie am See umher- irren. Man erzählt sich, dass sie jede Gans von diesem Gewässer verscheucht. Bis heute umgibt den romantisch ge- legenen, verwilderten See nördlich der Katharinensee-Siedlung etwas Geheinmis- voll-Mystisches. Sagenumwoben ist auch der Kindelwald hinter Glienicke, zwischen den Dörfern Schönfließ, Schildow und Lübars: Woher der Kindel seinen Namen hat In dem hügeligen Walde mit sumpfigen Niederungen finden wir die Kindelwiese, die Kindelbrücke, den Kindelsee und schließlich das Kindelfließ. Aus dem Kindelfließ holt Über Zwerge, Kobolde und Legenden unserer Heimat 14
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