Mühlenspiegel 11
39 SPORT SENIOREN Text: Birgit Rathmann, Anton Sieber Fotos: Seniorensportgruppe Hier finden Sie mich: Hauptstraße 22 Mühlenbeck Di. + Do. 14:00 - 18:00 Uhr Mi. 9:00 - 13:00 Uhr Ihre Kobold-Kundenberaterin Bianka Lehmann Ihre Kobol -Kundenberaterin Bia ka Lehmann pe erwartet. Etwa 30 Frauen und 5 Männer tanzen jeden Montag nach der Pfeife der gutmütigen Irmgard Wölk mit der metallischen Stimme. Statistisch gesehen hat es je- der Mann mit 6 Frauen zu tun, oder umgekehrt muss sich jede Frau mit 1/6 Mann begnügen. Diese Beschränkung dürfte selbst Frauen im fortgeschrit- tenen Alter nicht gefallen, wo sie doch oft zu Hause mit ei- nem ganzen Mann nicht zu- frieden sind. Wir Männer sind in der Gruppe Exoten, werden aber gut behandelt. Über das Missverhältnis der Geschlechter habe ich mir natürlich Gedanken gemacht. Der Grund dafür liegt bei uns Männern. Wir beherrschen nicht die Kunst, die Frauen zu Hause ihren Wünschen gemäß lange mit den richtigen Themen zu unterhalten. Deshalb rotten sie sich jeden Mon- tag 15 Minuten vor der Gymnas- tik zu einer oh- renbetäubenden Gesprächsrunde zusammen. Sogar die Triller- pfeife von Irmgard Wölk ist dagegen machtlos. Hörgeräte- trägern rate ich, die Geräte in dieser Zeit auszuschalten. Irmgard Wölk ist die gute Seele der Truppe. Wenn es ihr gelungen ist, die Frauen zur Ruhe zu pfeifen, macht sie uns mit Wort und Tat die gewag- testen Körperstellungen vor. Ich staune immer, dass sie sich dabei noch nichts gebrochen hat. Wir ahmen ihre Dehnun- gen und Verdrehungen mehr oder weniger begeistert nach. Ich habe mich hinter ihrem Rücken postiert. Von dort aus ist das Nachmachen einfacher, weil rechts rechts und links links ist. Irmgard von vorn macht mich unsicher. Nachteilig bei der Gym- nastik ist, dass man Körper- stellen spürt, von deren Exis- tenz man vorher gar nichts wusste. Auch das Schulwissen aus der Biologie wird in Frage gestellt. Plötzlich sollen andere Organe die bisherige Funktion der Lunge übernehmen. “Tiefe Bauchatmung”, „in den Rücken hinein atmen“, „in die rechte Flanke hinein atmen“, so lauten die Kom- mandos. Wie soll das funkti- onieren? Nach mehr als einem Jahr Gymnastik sitzt meine Lunge noch an der alten Stelle. Mein liebstes Kommando ist „Löösen“. Diese Übung könn- te ich stundenland aushalten. Irmgard überlegt, ob sie nicht mit uns einmal eine Stunde „Löösen“ üben sollte, und zwar auf der Matte. Dass die Gym- nastik immer gut besucht wird, das liegt auch daran, dass man dort gelobt wird. Wem passiert das zu Hause? Oft kann man schon mit geringem Auf- wand erreichen, dass einem Irm- gard ein „Super“ zuruft und alle hören das mit. Da wird die Physiotherapeutin zur Psychotherapeutin. Sie hat sich ein altes latei- nisches Sprichwort zueigen ge- macht. „Wenn auch die Kräfte fehlen, der gute Wille ist doch zu loben.“ Sie geizt auch nicht mit praktischen Hilfestellun- gen am fremden Körper. Mit ihrem wohlgeformten kräf- tigen Knie drückt sie uns die Rückenwirbelsäule gerade. Ihr Knie hält das ohne weiteres aus. Eine wichtige historische Tatsache hat uns Irmgard ver- schwiegen: Das Wort „Gym- nastik“ kommt aus dem Grie- chischen. Die Silbe „Gymn“ bedeutet „nackt“. Im alten Griechenland machten näm- lich nackte Jüng- linge in sogenann- ten Gymnasien ihre Leibesübun- gen. Das war vor etwa 2500 Jahren. Ich bin dagegen, so etwas in Schil- dow wieder ein- zuführen, denn die Fantasien alter Männer können schöner sein als nackte Tatsachen. Es soll alles so bleiben, wie es ist: Rosi kassiert und registriert, Irmgard pfeift, macht vor und kommandiert, Brigitte sagt ein Gedicht auf und Evelyn erzählt einen nicht jugendfreien Witz. Wir lassen das alles dankbar über uns er- gehen und freuen uns auf den nächsten Montag. Dann gilt wieder ein Spruch aus der Sati- rezeitschrift Eulenspiegel: „Die Gymnastik gleicht meinem Alltag. Auch da muss ich mich schmerzhaft verbiegen.“ Hilfestellung bei einer Bodenübung Irmgard Wölk
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