Mühlenspiegel 11
BÜCHER KULTURSPIEGEL N achdem sich Napoleon von seinem gescheiterten Angriff auf Russland im Winter 1812 zurück zog, rekru- tierte er eine neue Armee aus jungen und unerfahrenen Männern um dann gestärkt gegen die Alliierten kämpfen zu können. Die junge Henriette, die ihre Eltern verlo- ren hat und mit ihrem 10-jährigen Bruder Franz allein in Weißenfels zurück geblie- ben ist, tötet einen vermeintlich franzö- sischen Soldaten mit einem Schürhaken, als dieser ihr das letzte an Besitz und Brot nehmen will und flüchtet mit Franz zu ih- rem Onkel nach Freiberg. Doch auch dort hat der Krieg keinen Halt gemacht. Henriettes Onkel betreibt in Freiberg einen kleinen Buchladen und be- tätigt sich als Buchdrucker. Auch für ihn sind die Zeiten mehr als gefährlich, denn er unterstützt die Sache der Franzosen keineswegs. Napoleon kämpft unterdessen gegen die Preußen und das Zarenreich, seine Verbündeten sind die Sachsen, deren Oberbefehlshaber jedoch mehr und mehr an Napoleon zu zweifeln beginnt. Die Schlachten erfordern unermesslich viele Todesopfer und verlangte auch von Henri- ette und ihrer Familie große Opfer. Sabine Ebert liefert in „1813-Kriegsfeu- er“ einen geschichtlichen Abriss über die Schlachten rund um Leipzig während der französischen Herrschaft. Ihr ist es ge- lungen, die Dialoge zwischen Generälen, Ministern, Majoren, König und Kaiser detailreich zu schildern, man bekommt ei- nen Einblick, was sich in den Köpfen von Napoleon und seinem Gefolge abspielte, lernt den cholerischen, machtbesessenen und ehrgeizigen Napoleon und seine Er- oberungssucht kennen. In den Nebenhandlungen erfährt der Leser, wie sich das Leben der einfachen Bevölkerung hinter der Front zugetragen hat, welchen Ängsten und Gefahren sie ausgeliefert waren. Es werden Hungersnö- te beschrieben und die Machtlosigkeit der Bürger gegenüber dem Krieg, sie konnten den tausenden von Kriegsopfern weder mit Medikamenten noch mit Lebensmit- teln helfen. Neben historisch belegten Personen sind auch fiktive Charaktere eingebunden, die die Zeitzeugen dieser Schlacht dar- stellen und dem Leser einen Blick in die damalige Zeitepoche ermöglichen, deren Handlung in diesem Roman vorerst mit dem 19. Oktober 1913 endet . Leseprobe: „Das war ein denkwürdiges Klopfen an der Tür. Beharrlich und dennoch viel zu schwach, als dass dort Militärs Einlass for- dern können. Aber so aufdringlich würde auch kein Bettler klopfen. Von dem leisen Hämmern mit jäher Sorge erfüllt, entschied die etwas füllige Hausherrin, selbst nachzuschauen, wer dort vor der Tür stand, obwohl sie schon auf halbem Weg nach oben war und ihr die Füße in den zu engen Schuhen schmerzten. Johanna Christiana Charisius, jung ver- witwete Barthel und seit zwanzig Jahren Ehefrau des angesehenen Buchdruckers Friedrich Gerlach, rückte die mit Spitzen verzierte Haube zurecht, raffte den Rock des blau-weiß gestreiften Kleides und has- tete die Treppe wieder hinab. Auch wenn die Sonne noch so strahlte und alles friedlich schien an diesem Mon- tagmorgen – dies waren unruhige, gefähr- liche Zeiten und man tat gut daran, sich zu vergewissern, wem man die Tür mehr als nur einen Spalt weit geöffnet hatte.“ Raja Redlich empfiehlt Sabine Ebert 1813 Kriegsfeuer In Zeiten des Krieges Raja Redlich betreut die Bibliothek und die Touristinformation in Mühlenbeck
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