Mühlenspiegel 11

10 Die Dammsmühle Feudale Feste und Volksvergnügen – Straflager, Stasi und Stars G eografische Bezeichnungen legen mitunter eine große Hartnäckig- keit an den Tag – sie überdauern sowohl ihre „Taufpaten“ als auch ihre ur- sprüngliche Bestimmung um viele Jahr- hunderte. Eine Mühle muss es hier bereits in alten Zeiten hier gegeben haben, denn Andreas Grüwel, damals schon Besitzer der Mönchmühle, der 1747 von Friedrich II. den „Zuschlag“ für das Grundstück er- hielt, förderte beim Ausschachten 200jäh- rige Mahlsteine zutage. Da er sich aber bei diesem Neubau total verschuldete, ging das Objekt 1755 in den Besitz des ob der Lieferung von Uniformteilen bei seinem König beliebten Sattlermeisters Peter Friedrich Damm über, der hier eine Leder- Walkmühle errichtete. Der „Siebenjährige Krieg“ machte ihn reich. Auf dem von ihm nach aristokrati- schen Vorbild mit Orangerie, Damen- und Kavalierhaus kom- fortabel ausgestatteten und nach zwei Bränden stets prunkvol- ler ausgebauten Gelände gab sich alsbald der Hochadel ein Stelldichein. Königin Elisabeth Christine lud zu Gartenfesten, fand hier auch Zuflucht, als ihr Schloss Schönhausen von Ko- saken heimgesucht wurde. Der Neffe und Nachfolger des Alten Fritz, Friedrich Wilhelm II., traf sich im romantischen Damms- mühle mit seiner Mätresse Wilhelmine Rietz. Auch Napoleon Bonaparte soll 1812 einmal hier logiert haben. Das Grundstück, auf dem der Mühlen- betrieb immer mehr in den Hintergrund rückte, war bis 1825 im Besitz der Familie Damm. Bis zum Ende des Jahrhunderts wechselten dann acht mal die Eigentums- verhältnisse – der Name blieb. Um 1860 herum gehörte Dammsmüh- le zu Buchhorst, das mit Mönchmühle und Woltersdorf (der heutigen Woltersdorfer Straße) den Gutsbezirk Mühlenbeck bil- dete. Dammsmühle wurde nun ein Ver- gnügungslokal der Arbeiter, Handwerker, Kleinbürger und Honoratioren, die an den Wochenenden mit Kremsern und Miet- droschken aus der Großstadt ins Grüne fuhren. 1894 kam das Grundstück per Zwangs- versteigerung an den Leutnant Adolf Friedrich Wollank, Spross einer Kauf- mannsfamilie mit Grundbesitz im Norden Berlins und am Weinbergsweg. Die Wol- lankstraße (Pankow/Wedding) ist nach ihr benannt. Adolfs Bruder Otto wird vom König geadelt. Der junge Lebemann baute ein Schloss im neobarocken Stil, machte es zu einem Prunkstück mit fließendemWas- ser und Elektrizität. Plastiken von Putten und Hirschen zierten die Auffahrt. Exo- tische Baumarten verjüngten den Park, Gewächshaus und Obstgärten entstanden. Romantische Krönung: Ein schwimmen- der Tanzsaal im Stil einer byzantinischen Moschee, in dem rauschende Feste gefei- ert wurden. Adolf Wollank starb 1915, nur 49jährig. Ab 1925 ging Dammsmühle in die Verwaltung von Schönwalde über. Zwischen 1929 und 1934 wurde der idyllische Ort zur Filmku- lisse für „Sein bester Freund“ mit dem Star Harry Piel und die Operetten-Verfilmung „Der Vetter aus Dingsda“. Der englische Seifenfabri- kant Harry Goodwin Hart, der den märkischen „Herrensitz“ 1931 erwarb, verließ Deutsch- land 1938 mit seiner jüdischen Frau; nach dem Zwangsverkauf 1941 war Heinrich Himmler Hausherr in Dammsmühle, das Auf dem Mühlenteich schwamm ein echter Palast, der einer orientalischen Moschee nachempfunden war. Die Idee brachte Wollank von einer Orientreise mit; der Palast sollte den Lustbarkeiten seiner Gäste dienen und die kamen damals gern auf den schöns- ten Herrensitz in der Mark – hier knallten dann die Sektkorken und Feuerwerkskörper schossen in den Himmel

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