Mühlenspiegel 10

36 Das Universum beein usst unser Handeln. Das jedenfalls glaubt der klassische Gitarrist und Komponist Prof. Frank Hill, der sich vor kurzem als Neubürger in einem schallgedämmten Haus in Zühlsdorf niedergelassen hat und dort ein „NaturTonStudio“ ein- richten möchte. Klavier- und Gitarrenunterricht wird es auch ge- ben. Der mühlenspiegel hat ihn besucht. Herr Hill, woher stammen Sie ursprünglich? Ein nicht ganz einfaches Thema! Meine ersten zwanzig Lebens- jahre habe ich in Rostock gelebt, mit väterlichen Familienwurzeln in Schlesien und mütterlichen in Böhmen. Nun bin ich Westbar- nimer. Warum hat es Sie gerade in das Mühlenbecker Land gezogen? Weil Zühlsdorf darin liegt. Und warum haben Sie gerade Zühlsdorf gewählt? Es gibt sehr viele Gründe, ich kann nur auswählen. Der Ort liegt großzügig verteilt in einem Naturparadies, unser Haus liegt zwi- schen zwei Naturschutzarealen am Ende einer zwangsentschleu- nigenden Hoppelstraße zum Wald. Ich habe keine Funkmasten finden können, der eine Strich des Feldstärkemessers meines Ta- schentelefons gefällt mir sehr. Auch meine Flughafenrecherche war ermutigend. Wir brauchen mit dem Auto eine halbe Stunde bis Museumsinsel, Lindenoper oder Hauptbahnhof. Die „Hei- dekrautbahn“ (ein wundervoller Name!) zählt gerade noch zur Berliner S-Bahn. Wir haben in den zwei Jahren des Hausbaus Menschen mit erstaunlich unterschiedlichen Lebensphilosophien kennengelernt und dabei den klaren Eindruck bekommen, dass die Toleranz hier ein weites Herz hat. Auch echte Zühlsdorfer ha- ben uns an den Tisch gebeten und wertvolle Tipps gegeben. In der Kunstmusik spielt die Zahl „Drei“ eine sehr hervorgehobe- ne spirituelle Rolle. Ich habe unser Musikerhaus selbst entworfen und die „Drei“ gründlich eingearbeitet. Wir sind zu dritt einge- zogen etc. Das entscheidende Argument für Komponisten ist also am Ortsstein eingemeißelt: Der Durchschnitt des Zühlsdorfer Gründungsjahres 1-3-3-5 ist „Drei“. Sie sind ein vielgereister Mann und waren schon auf vielen Kontinen- ten. Bekommen Sie hier manchmal ein Gefühl der Enge oder Fernweh? Das Gegenteil wird sehr wahrscheinlich der Fall sein. Unser all- gemeines legendäres Fernweh liegt auch in einem gestörten Ver- hältnis zur eigenen Kultur. Mich haben sehr lebensfrohe Men- schen im brasilianischen Ouro Preto zu heilen versucht, indem sie mich in einer trink- und sangesfreudigen Akademikerrunde regelrecht zwangen, deutsche Volkslieder zu singen, welche sie sehr lieben. Die mir bekannten brasilianischen Songs hatte ich vorher mitgesungen, und sie konnten meine seltsame Scheu vor der eigenen Kultur nun gar nicht verstehen. „Kommt ein Vogel geflogen“ sangen alle auf Portugiesisch mit, denn das Lied ist in Brasilien bestens bekannt. Aus brasilianischer Sicht sind übrigens Willkommen, Herr Hill Wie erleben Neubürger unsere Gemeinde? Ein Besuch bei Prof. Frank Hill in Zühlsdorf

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