Mühlenspiegel 09

30 A m 5. November 1994 verabschiedete sich der frühere US- Präsident Ronald Reagan von der Welt. „Ich beginne nun die Reise, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führt“, schrieb er in einem Brief, in dem er seine Landsleute dar- über informierte, dass er an Alzheimer-Demenz erkrankt sei und sich darum aus dem öffentlichen Leben zurückziehe. Zehn Jahre später, im Juni 2004, starb er. Es war ein würdiger Abschied und eine berührende Geste der Demut von dem einst mächtigsten Po- litiker, der 1987 in Berlin die UDSSR als Weltmacht herausforder- te mit den berühmten Worten: „ Mr. Gorbachow, tear down this wall!“. Indem Ronald Regan auf diese Art seine Erkrankung öffentlich machte, dokumentierte er auch, dass sie jeden von uns, unabhän- gig vom sozialen Status, treffen kann. Seit diesem Bekenntnis wird über das Thema Demenz offener gesprochen. Als Walter Jens, der bekannte Philologe, Alzheimer bekommt, begleitet ihn seine Familie - sein Sohn Tilman veröffent- lichte ein Buch über die Erkrankung seines Vaters und stieß damit eine Debatte über die Tabuisierung der Krankheit an. Ebenso auch Karlheinz Böhm, der große Schauspieler starb 2014 im Alter von 86 Jahren. Erst im Februar 2013war Böhms Alzheimererkrankung bekannt geworden. Sein Sohn Michael wollte nicht länger über den Gesundheitszustand seines Vaters schweigen. Diese Aufzählung ließe sich mit weiteren Prominenten wie Magret Thatcher, Gunther Sachs, Harald Juhnke oder der Mutter der Nation, Inge Meysel, be- liebig fortsetzen. Demenz, Alzheimer – das sind die Schrecken einer altern- den Gesellschaft. Fast jeder kennt einen Fall aus der eigenen Fami- lie. Es gibt viele Ursachen für De- menz, die nicht gleichzusetzen ist mit dem natürlichen Alterungs- prozesses, der auch vor dem Gehirn nicht halt macht; mehr als 60 Prozent aller Demenzen werden der Alzheimer-Demenz zugeordnet. Sie ist nicht heilbar und viel mehr als eine einfache Gedächtnisstörung. Diese Symptome stehen zwar auch am Anfang der Krankheit, doch zu den Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit kommen weitere Leistungsminderungen imVerlauf der Zeit hinzu. Das Langzeitgedächtnis schwindet, ganz alltägliche Fähigkeiten und Fertigkeiten gehen verloren. Das kön- nen das Wissen, wie man ein Hemd zuknöpft sein, wofür man die Zahnbürste benutzt oder dass man einen Mantel anzieht, wenn es draußen kalt ist. Symptomatisch ist auch das Verlegen von Sachen. Nach dem Portemonnaie oder den Autoschlüsseln hat wohl jeder schon mal gesucht. Doch Alzheimer-Patienten verlegen Gegenstände an un- gewöhnliche Orte, packen etwa Schuhe oder die Zahnprothese in den Kühlschrank, das Bügeleisen in den Geschirrspüler oder die Orangen in den Kleiderschrank. Darüber hinaus fällt es ihnen Diagnose: Demenz Wenn die Erinnerung versiegt – Hilfen für Betroffene und Angehörige Das Verhalten von Demenzkranken wirkt auf Nichtbetroffene zuweilen skuril Hildburg Pakusch (links) und Cons- tanze Holzhauerl vom Märkischen So- zialverein beraten Demenzkranke und deren Angehörige

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