Mühlenspiegel 07
33 sport spiegel Text: Claus Schmidt-Eckertz Fotos: Reinhard Musold I m Ligafußball geht ohne sie gar nichts: Die laufstarken Unparteiischen mit ihren sig- nalfarbenen Trikots und den In- signien ihrer Autorität, Triller- pfeife und gelbe und rote Karten! Ihre Entscheidungen bestimmen nicht selten mit über Sieg und Niederlage, und dennoch gilt der Applaus der Fußballbegeisterten zumeist den 22 Kickern auf dem Platz und weniger der Leistung der Schiedsrichter. Obgleich die- se Leistung enorm ist. Schiedsrichter sind gehalten, sich ständig auf der Höhe des Geschehens, also in der Nähe des Balles, aufzuhalten. Dem laufen sie dann tatsächlich im- mer hinterher. „Den Ball laufen lassen“, wie es so schön heißt, dass können sich die Unpartei- ischen nicht gönnen. Das be- deutet: Ihr Laufpensum beträgt stets das zwei- bis Dreifache von dem eines Feldspielers. Und zwi- schendurch etwas „Ausruhen“ geht auch nicht; stattdessen sind 90 Minuten Dauerkonzentra- tion gefordert. Und obendrein gibts seitens der Spieler (oder in Verlautbarungen der Zuschauer) noch manch bösen Kommentar zu hören. Das ist ein harter Job. Warum also, um alles in der Welt, will dann einer noch den Schiri machen? Wir geben die Frage weiter an Thomas Wollen- schläger (38) vom SV Mühlenbeck. Seit 2009 übt er das Amt des Schieds- richter aus. „Das macht mir einfach Spaß“ versichert er „und hält mich fit“, und außer- dem denkt er auch an seine „sozialen Kon- takte“, der er mit seinem Ehrenamt pflegt. Jeder Verein ist verpflichtet, pro Mann- schaft mindestens einen Schiedsrichter zu stellen. Dieser Auserwählte durchläuft dann an vier Wochenenden einen Crash- Kurs in Sachen Regelwerk. Als Ausbilder fungiert ein so genannter Lehrwart, der re- gional vom Kreissportbund des DFB beauf- tragt wird. Die Schiedsricher-Ausbildung wird dann später regelmäßig durch vier Mal im Jahr stattfindende Theorietests auf den neuesten Stand gebracht. Und einmal im Jahr wird auch die körperliche Fitness gecheckt. Zu kurz kommt laut Thomas Wollen- schläger dabei allerdings die Psychologie. Denn die Selbstgewissheit, sich der eige- nen Entscheidungen sicher zu sein und der „geeignete Umgang“ mit sich ungerecht behandelt fühlenden Spielern, mit Wutaus- brüchen, Beleidigungen und auch denMiss- fallenskundgebungen der Zuschauer, dieses Rüstzeug muss jeder neue Schiri schon „von Natur aus“ mitbrin- gen. „Da braucht man schon ein dickes Fell“, meint Thomas Wol- lenschläger. Im Notfall schickt er dann allerdings auch einen Spieler schon „mal etwas früher zum Duschen“ (für Laien: er er- teilt einen Platzverweis). Als Schiedsrichter betrachtet Thomas Wollenschläger mitler- weile Fußballspiele mit einem anderen Auge als früher, achtet auf mehr Details und hat auch die Situation, die zu einem Foul führt, im Blick. Vor seinen Kol- legen aus der zweiten und ersten Bundesliga hat er da größten Re- spekt. Das sind für ihn erfahrene Profis und echte Athleten. Thomas Wollenschläger liebt seinen Sport. Jede Woche pfeift er - in aller Regel - ein Spiel und freut sich stets aufs Neue dar- auf. Den Austausch mit seinen „Berufskollegen“ pflegt er dann nach den Spielen auf den Face- book-Seiten der Schiedsrichter Oberhavel-Barnim. So hält man sich auf dem Laufenden. Aktuell verfügt der SV Mühlenbeck über zwei Schieds- richter, die natürlich auch als so genannte Schiedsrichter-As- sistenten (früher: Linienrichter) eingesetzt werden. Schiri-Nachwuchs wird von allen drei Fußballvereinen im Mühlenbecker Land jedenfalls weiterhin händeringend gesucht. Wer also Lust aufs Pfeifen hat, wird freudig empfangen. Der Schiri Thomas Wollenschläger vom SV Mühlenbeck - über Freud und Leid eines Unparteiischen Foul! Jetzt gilt es zu entscheiden: Frei- stoß mit oder ohne „Kartenspiel“ Ein Spieler liegt verletzt am Boden! Wie schlimm ist die Situation? Schwierig. Renn, Thomas, renn! Schiris laufen meist das 2- bis 3-fache der Feldspieler Das Schiri-Team vom SV-Mühlenbeck: Thomas Wollenschläger und Jan Guillot www.dfb.de
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