Mühlenspiegel 05
47 www.dmsg.de Text: Gudrun Engelke Foto: privat M iteinander schaffen wir es“, so das Motto der MS Selbsthilfe- gruppe Schildow. Sie ist eine von rund 30 im Land Brandenburg. Über ihr Anliegen, ihre Arbeit und Wünsche sprachen wir mit Wolfgang Kühn und Mirko Ka- pahnke. Beide engagieren sich in der Selbsthilfegruppe Schildow und sind selbst von der Krank- heit betroffen. Wolfgang Kühn hielt zunächst nicht viel von einer Selbst- hilfegruppe. Doch das änderte sich schnell, als er an einem Treffen in Schildow teilnahm. In entspannter Atmo- sphäre werden hier über Krankheit und Perspektiven gespro- chen, Experten gehört und praktische Tipps ausge- tauscht. Ihn hat die Diagnose vor 8 Jahren getroffen und sein Leben völlig verändert. Er verlor sei- nen Job und musste den Alltag neu organisieren. Um weiterhin Auto fahren zu können, war ein Umbau notwendig, denn das Bremsen wurde wegen der Ner- venschwäche im Bein, zu gefähr- lich. Wolfgang Kühn suchte sich eine neue Beschäftigung in der Nordbahn gGmbH und fühlt sich dort in der Tischlerei sehr wohl. In der Selbsthilfegruppe hat er für alle ein offenes Ohr und ist immer auf der Suche nach neuen Informationen und Forschungsergebnissen zum Krankheitsverlauf. Besonders gut organisiert ist die MS-Ambulanz in Hennigs- dorf, so ist zu hören. Die Schil- dower Gruppe nimmt dort gern an Fachgesprächen und Vorträ- gen teil. Am 14. November 2007 wurde die Selbsthilfegruppe in Schildow gegründet. Für die 15 Mitglieder im Alter zwischen 18 und 61 Jahren ist eines be- sonders wichtig: sie möchten sich auch gemeinsam mit ihren Angehörigen treffen können und über ihre Belange bei der Bewäl- tigung der MS austauschen. Die Familie hat für MS-Erkrankte einen wichtigen Stellenwert. Mirko Kapahnke formuliert es so: „Die Familienangehörigen sind in die Krankheit involviert. Ziel unserer Gruppenarbeit ist es, den Betroffenen und ihren Angehörigen bei der Teilha- be am gesellschaftlichen Leben Unterstützung zu geben.“ In der Familie gibt es Hilfe und Beglei- tung. In schwierigen Phasen der Krankheit, wenn sogenannte Schübe auftreten, sind sie die Nächsten, die die Arbeit abneh- men und sich um den reibungs- losen Alltagsablauf kümmern. Mirko Kapahnke ist jetzt 44 und lebt mit seiner Familie in Schildow. Seine Krankheit merkt man ihm nicht unbedingt an. Seit der Diagnose im Jahr 2007 hat er gelernt, auf seinen Körper genau zu achten, Stress zu vermeiden und eine gesun- de Lebensweise umzusetzen. In der Selbsthilfegruppe arbeitet er tatkräftig mit, ist ihr offizieller Gruppensprecher und kümmert sich als Schatzmeiser um die Fi- nanzen. Es gibt viele Möglichkeiten, Spenden einzuwerben; so hat sich im Landkreis der Schul- Benefizlauf „Run for help“ eta- bliert, der vom Brandenburger Landesverband der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft organisiert wird. Diese Veran- staltungen werden auch von Wolfgang Kühn und Mirco Ka- pahnke genutzt, um in den 8. Klassen über die Krankheit zu informieren und um Verständ- nis für die Belange von Men- schen mit MS zu wecken. Mit der Krankheit zu le- ben, ist ohne Aussicht auf Hei- lung schwer: Mit der ständigen Angst, dass neue Entzündungs- herde auftreten und mit der Ge- wissheit, dass der Krankheits- verlauf nicht vorhersehbar ist. Jeder MS-Betroffene kann lernen, mit seiner Erkrankung umzugehen und heraus finden, welche Faktoren die MS positi- ve oder negative beeinflussen, so kann man in der kleinen Broschüre der Selbsthilfegrup- pe Schildow lesen. Doch es bedarf auch gegenseitige emotio- nale Unterstützung, Zuspruch und Moti- vation. Im monatlichen Treffen der Schildo- wer Selbsthilfegruppe wird dies umgesetzt. Darüber hinaus gibt es gemeinsame Aktivitäten, Er- fahrunsaustausch mit anderen Selbsthilfegruppen und Aus- flüge. Besonders gern erinnert sich die Gruppe an eine gemein- same Kochrunde im Schildower Kochstudio. (Foto). Diese ge- meinschaftliche Familienveran- staltung ist so ein Mutmacher, der lange nachwirkt. Mut machen auch Mirko Kapahnke und Wolfgang Kühn, die mit ihrer Situation offensiv umgehen. Sie beraten als Be- troffene andere Betroffene. Und so ist das Motto “Miteinander schaffen wir es” nicht nur eine Floskel. Die monatlichen Gruppen- treffen finden um 19.00 Uhr jeweils am 1. Mittwoch des Monats in der Gaststätte “Kas- tanienhof”, Schillerstraße 1a in Schildow statt. Kontakt über den Gruppen- sprecher Mirko Kapahnke, Tel: (033056) 890 86 Eine Krankheit mit 1.000 Gesichtern Die Multiple Sklerose-Selbsthilfegruppe Schildow selbsthilfe Gemeinsames Kochen im Kochstudio fördert den Zusammenhalt MS ist eine Erkrankung bzw. ein entzündlicher Befall des zentralen Nervensys- tems und wird meist im frühen Erwachsenenalter festgestellt. Die Deutsche Mul- tiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. beschreibt sie so: “MS ist nicht ansteckend, nicht tödlich, nicht erblich, kein Muskelschwund und keine psychi- sche Erkrankung. Auch die häufig in den Medien verbreiteten Vorurteile, dass MS zwangsläufig zu einem Leben im Rollstuhl führt, sind so nicht richtig”. In Deutschland sind rund 130.000 Menschen an MS erkrankt sind, bei Frauen wird MS etwas doppelt so häufig diagnostiziert. Der Verlauf und das Krankheitsbild sind so unterschiedlich, das sie deshalb auch „Krankheit mit 1000 Gesichtern“ genannt wird. Forschungsprojekte und Stiftungen befassen sich mit der Ursa- chenforschung, die Krankheit gilt jedoch noch immer als unheilbar. Gelungen ist es, durch Verbesserung in Diagnostik und Therapie den Erkrankten ein Mehr an Lebensqualität zu geben.
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