Mühlenspiegel 05

gemeinde vertretung Kreativ nach Vorschrift Der Ausschuss für Bauen, Wohnen und Gewerbe „Wenn du ein neues Haus baust, sollst du um die Dachterrasse eine Brüstung ziehen, damit nicht dadurch, dass jemand herunterfällt, Schuld auf deinem Haus liegt.“ (5. Mose 8, 22) Dieser Rat aus dem Alten Testament zeigt, dass Bauen schon zu biblischen Zeiten nicht eine rein private, sondern auch eine öffentliche Angelegenheit war, bei der kreative Architektur, handwerkliches Können, Bau-Aufsicht und nachbarschaftliche Rücksichtnahme unter einen Hut passen müssen. In die- sem Umfeld berät und agiert der Bau-Ausschuss, der gemäß seiner vollstän- diger Bezeichnung auch für Wohnen und Gewerbe zuständig ist! Unter den Stichwörtern unserer Rathaus-Website tauchen Zusammenset- zunge mit „Bau“ und „Gewerbe“ am häufigsten auf: Bauantrag, Baubera- tung, Baugenehmigung, baugenehmigungsfreie Vorhaben, Bauleitpläne, Bebauungsplan sowie Gewerbean- und -ab- meldung, Gewerbeerlaubnis, Gewerbestandort, Gewerbe- steuer; auch „Wohnungen“ gibt es als Stichwort, nämlich mit dem Hinweis auf die Verwaltung der gemeindeeigenen Wohnungen. Wollte man alle Stichwörter berücksichtigen, die Zuständigkeiten dieses Fachausschusses betreffen, würde die Liste noch erheblich länger. Insofern verwundert es nicht, dass vor dem Zusammentreten der Gemeindever- tretung der Bau-Ausschuss mitunter häufiger als nur einmal tagen muss, weil die zu beratenden Angelegenheiten mehr Zeit in Anspruch nehmen. Stimmberechtigte und beratende Mitglieder Mitglieder im Bau-Ausschuss sind Ursel Liekweg (B90/ Grüne), Torsten Iden (CDU), Hartmut Lackmann (DIE LINKE), Werner Hab- erkern (Freie Wähler ML) und Günther Halle (FDP). Darüber hinaus hat die Gemeindevertretung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sachkundige Einwohner zu berufen: Tamara Großmann-Franz (auf Vorschlag von SPD- B90/Grüne), Klaus Brietzke (Vorschlag CDU), Andreas Spitzer (Vorschlag DIE LINKE), Erwin Lucas (Vorschlag Freie Wähler ML), Eberhard Jankowski (Vorschlag AG ML). Den Vorsitz hat Herr Lackmann inne, zum Stellvertreter gewählt wurde Herr Haberkern. Wie kommen Themen auf die Tagesordnung? Die meisten Beratungsthemen ergeben sich aus dem Aufgabenfeld der Verwaltung, von der die vorgesehenen Haushaltsmittel - nach Empfehlun- gen des Bau-Ausschusses - erst auf der Grundlage von Beschlüssen der Gemeindevertretung ausgegeben werden dürfen, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt. Hartmut Lackmann, dem Ausschuss-Vorsitzenden, ist sehr daran gelegen, sich frühzeitig mit dem Fachbereichsleiter über die Tagesordnung abzusprechen. „Das klappt pri- ma – aber manchmal tut mir der Labitzky echt leid angesichts der Fülle seiner Aufgaben.“ Eine Reihe von Beratungsthemen ergeben sich auch aus Fragen oder Anregungen von Bürgern in persönlichen Gesprächen oder in den Einwohnerfragestunden der Ortsbeiräte. Hier stehen naturgemäß oft Angelegenheiten im Vordergrund, von denen Bürgerinnen und Bürger vor der Haustüre betroffen sind: Zustand der Straßen, Verkehrslärm, Geschwin- digkeitsüberschreitungen, „freihändige“ Müllentsorgung, Bauvorhaben in der Nachbarschaft. Bau-Ausschuss-Sitzungen finden dann nicht nur starkes Interesse, sondern können im Zuschauerraum auch schon mal heftige per- sönliche Reaktionen hervorrufen. Nicht jeder, der sich zu Wort meldet, hat sich vorher auf der Grundlage von Gesetzen und Verordnungen sachkundig gemacht oder, wie der Ausschussvorsitzende, Angebote zur Weiterbildung wahrgenommen. Für die ehrenamtliche Zusammenarbeit im Ausschuss sei gerade berufliche Kompetenz oft hilfreich und oft wichtiger als etwa die Fraktionszugehörigkeit. „Du bist doch in der Gemeindevertretung: Kannst Du nicht mal ...“ Gerade als Mitglied des Bau-Ausschusses wird man immer mal wieder mit persönlichem Ansinnen und Interesse angesprochen - vor allem, wenn die private Haushaltskasse belastet werden soll. „Da kann ich nur antworten: Das muss alles rechtskonform ablaufen und geregelt werden“, stellt Lackmann klar. Die Kontakte mit Bürgerinnen und Bürgern möchte er nicht missen, und wichtig sind ihm frühzeitige Einwohnerversammlungen zum Straßenbau, damit die Erwartungen oder Befürchtungen der Betroffenen ernst genommen und sachkundig von der Ver- waltung beantwortet und bearbeitet werden können. Scharnierfunktion Der Ausschuss für Bauen, Wohnen und Gewerbe hat eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Einwohnern, Investiti- onswilligen, den kommunalen Gremien und der Verwaltung. Hier kann die Entwicklung der Gemeinde befördert und mit gestaltet werden. Viel Zeit widmet der Ausschuss in sei- nen Beratungen der Vorstellung von Investitionsprojekten und Bebauungsplänen durch Bauherren und Planer. Letzten Endes geht es immer wieder darum, auf dem rechtlichen Fundament verbindlicher Gesetze, Verordnungen und Vor- schriften kreative Ideen zu diskutieren und umzusetzen, um die leitbildge- rechte Entwicklung der Gemeinde voranzubringen. Perspektiven – zum Beispiel: Altenwohnen am Summter See Ein Thema, das den Ausschuss zur Zeit heftig bewegt, ist ein Bauvorhaben am Summter See: Vom privaten Investor ursprünglich als „Altenwohnen am Summter See“ angekündigt und in den kommunalen Gremien auf den Weg gebracht, werden mittlerweile öffentliche Bedenken geäußert, da das Vorha- ben inzwischen als Fachpflegezentrum geplant wird und neben der stationä- ren Altenpflege auch die geronto-psychiatrische Pflege und die Einrichtung von Sonderbereichen für psychisch kranke und suchtkranke Menschen vor- sieht. Einwohner befürchten, dass sich hier weniger die Hoffnung auf be- treutes Altenwohnen erfüllen könnte, sondern eher durch den Betrieb einer Großklinik am Summter See dessen örtlicher Erholungswert und touristische Attraktivität vermindert würde. Auf Vorschlag des Ausschuss-Vorsitzenden wurde daher der Investor zu einer gemeinsamen Sitzung mit Umwelt- und Sozial-Ausschuss eingeladen, in deren Ergebnis Überarbeitungen des Be- bauungsplans vereinbart und die Gemeindevertreter zu einer Besichtigung einer der bestehenden Einrichtungen des Investors eingeladen wurden Am 28. Januar 2014 wird das Thema voraussichtlich auf der Tagesordnung des Bau-Ausschusses stehen, von dem die Gemeindevertretung eine be- gründete Empfehlung zu ihrer Sitzung vier Wochen später am 24. Februar erwartet – und nach den bisherigen Erfahrungen erwarten darf. Harald Grimm Text: Harald Grimm Foto: Axel Berschneider 11

RkJQdWJsaXNoZXIy NzY5NzY=