Mühlenspiegel 04

37 durchgeführt. Während der gesamten Zeit steht der Begleitende Dienst den Be- schäftigten bei allen Fragen und Problemen sozialpäda- gogisch zur Seite. Ein weite- res Angebot ist das Projekt Stellwerk. Hier werden in- dividuelle Weichen gestellt, dass Menschen mit Behinde- rung den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt finden. Viele Instrumente kön- nen dabei sinnvoll sein: fachliche Qualifizierung, Langzeitpraktika, persön- liche Trainings, Coachings. Mit dem Angebot Stellwerk werden Forderungen der UN- Behindertenrechtskon- vention umgesetzt. Für jeden denpassenden Arbeitsplatz In den unterschiedlichen Arbeits- und Ausbildungsbereichen können die 400 Mitarbeiter ihre Talente und ihr Wissen unter Beweis stellen bzw. neue Fähig- und Fertigkeiten erwerben. Der Bereich Indus- triemontage ist der mitarbeiterstärkste in der Nordbahn. Hier werden Teile für die Möbel- und Automobilindustrie gefertigt. Dabei werden Maschinen genutzt, die im hauseigenen Sondermaschinenbau konst- ruiert und hergestellt wurden. Ausgehend von einer klassischen Tischlerei hat sich der Bereich Holzverarbeitung zu einem Hersteller von hochwertigen Parkbänken entwickelt. Zu sehen sind diese Produkte auf Plätzen und in Parkanlagen im gesamten Bundes- gebiet und wie anfangs bereits erwähnt, auch auf dem eigenen Betriebsgelände. In der Druckerei / Konfektionierung sind die Mitarbeiter auf knifflige Aufträge spezia- lisiert. Großdruckereien und Firmen der Verpackungsindustrie kommen hierher, wenn es beispielsweise darum geht, von Hand zu kleben oder speziell zu verpacken. Langjährige Geschäftsbeziehungen gibt es u. a. mit bekannten Kosmetikherstellern, deren Produkte hier etikettiert, verpackt, zusammengestellt und montiert werden. Der Arbeitsbereich Grünlandpflege bietet einen kompletten Service. Mit Hil- fe eines umfangreichen Maschinenparks können die vielfältigsten Aufgaben gelöst werden. Alle Materialien, die bei der Nord- bahn angeliefert oder ausgeliefert werden, durchlaufen den Arbeitsbereich Lager und Logistik. Die Waren werden nicht nur be- wegt, sondern auch geprüft und per EDV dokumentiert. Kunden in Berlin und Bran- denburg schätzen, dass alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Fleißige Sauber- männer und –frauen wirken im Bereich Hauswirtschaft. Als interner Dienstleister sind sie für die komplette Reinigung der Werkstatt verantwortlich. Darüber hinaus übernehmen sie auch Reinigungsarbeiten für private und gewerbliche Kunden. Als besonderen Service wird das Waschen von Pferdedecken und anderen Reitsportarti- keln angeboten. In der Schneiderei wird genäht und ge- mangelt. Die Schneiderstube ist eine feste Größe in den angrenzenden Wohngebie- ten. Von Küche und Kantine werden die Mitarbeiter und Gäste mit leckerem, ge- sunden Essen verwöhnt. Höhepunkte sind Festtage und besondere Events, dann wird gezeigt, was Küche und Lager hergeben und was das Team an kulinarischen Ge- nüssen zaubern kann. Der Sondermaschi- nenbau der Einrichtung ist bundesweit ein echter Geheimtipp. Die hochqualifizierten Sondermaschinenbauer der Nordbahn sind gefragte Spezialisten für die Möbel- und Automobilindustrie. Die von ihnen her- gestellten Maschinen und Vorrichtungen sind besonders auf die Anforderungen von Menschen mit einer Behinderung zuge- schnitten. Zwei Insider berichten Doch über all den neuen Eindrücken ver- gesse ich nicht, dass ich noch mit zwei Mit- arbeitern verabredet bin. Als Heidemarie Kubusch den Raum betritt, modisch ge- kleidet, dezent geschminkt, merke ich gar nicht , dass sie eine Behinderung hat. 1999 kam die junge Frau in die Nordbahn, um ein Praktikum zu absolvieren. Sie durch- lief mehrere Arbeitsbereiche. Besonders gut gefiel es ihr in der Keramikabteilung. Heute ist sie aber nur einmal in der Wo- che hier beschäftigt, an den anderen Ta- gen arbeitet sie in der Industriemontage. In Hennigsdorf lebt sie in einer eigenen Wohnung. Morgens fährt sie mit öffentli- chen Verkehrsmitteln nach Schönfließ. In ihrer Freizeit unternimmt Heidemarie aus- gedehnte Fahrradtouren, abends hört sie gerne klassische Musik, guckt Liebesfilme oder Märchen. Momentan schwebt Heidemarie auf Wolke sieben, sie ist frisch verliebt in Peter aus der Montageabteilung. Unsere Unterhaltung ist angeregt, am Ende des Gesprächs sagt Heidemarie: „Ich möch- te nach Möglichkeit mein Leben so gut ich kann selbst managen und nur im Notfall fremde Hilfe annehmen. Wünschen würde ich mir, dass Menschen mit Handicap in der Gesellschaft mehr Beachtung finden, denn auch behinderte Menschen haben alle Rechte am Leben teilzunehmen und Freude zu haben.“ Mario Klante arbeitet in der Ände- rungsschneiderei. Auch er kommt aus Hennigsdorf und lebt in einer eigenen Wohnung. In dem Wohnprojekt gibt es Betreuer, die den Bewohnern bei allen Fra- gen des Lebens zur Seite stehen. Eigentlich wollte Mario Schuhfacharbeiter werden, doch zur Wendezeit musste der Betrieb Konkurs anmelden und die Arbeitsagentur vermittelte ihn zur Nordbahn. Voller Stolz berichtet er, dass in der Werkstatt sogar Kostüme für eine Thea- tervorstellung genäht wurden. Das All- tagsgeschäft besteht aber meistens aus Änderungsarbeiten für Kunden aus den gemeinde spiegel Die Außenansicht der Nordbahn gGmbH „Werkstatt für behinderte Menschen“ in der Bieselheide im Ortsteil Schönfließ

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