Mühlenspiegel 04

Was nun, Herr Platzeck? Ein persönliches Gespräch mit dem Ministerpräsidenten nach dessen Amtsverzicht H err Platzeck, leider konnten Sie krankheitsbedingt nicht zum 10-jährigen Jubiläum unserer Ge- meinde ins Mühlenbecker Land kommen. Vor kurzem sind Sie aus gesundheitlichen Gründen auch vom Amt des Minister- präsidenten zurückgetreten. Wie geht es Ihnen zurzeit? Gesundheitlich geht es mir jeden Tag ein bisschen besser. Die Entscheidung zu- rückzutreten, musste ich trotzdem so fällen. Die Ärzte haben mir klar gesagt: 40 bis 50 Stunden pro Woche kann ich arbeiten, aber nicht die 80 Stunden, die das Amt als Mi- nisterpräsident in meinem Verständnis nor- malerweise braucht. Ich muss ehrlich zuge- ben, dass ich mich an die Vorstellung noch gewöhnen muss, etwas kürzer zu treten. Aber meine Familie passt auf mich auf und bremst mich, wenn es sein muss. Welche Zukunftspläne haben Sie? Wie werden Sie sich politisch weiter engagie- ren? Na klar, ich bin und bleibe ein politi- scher Mensch. Als Landtagsabgeordne- ter werde ich mich weiterhin für meinen Wahlkreis und für das Land Brandenburg engagieren. Und nach fast 25 Jahren in politischer Verantwortung kann ich auch nicht so tun, als wenn mich das alles nicht mehr interessieren würde… Ein Blick in die Vergangenheit: War- um sind Sie Politiker geworden? Gab es da einen bestimmten Anlass? Ganz am Anfang wollte ich einfach, dass wir in der DDR besser, demokratischer, um- weltgerechter, fröhlicher leben. Und unser Tun Bestand hat vor den Augen unserer da- mals heranwachsenden Kinder. Die Wende- zeit hat mich dann nachhaltig geprägt. Welchen Rat würden Sie Neulingen in der Politik geben, um nicht „abzuheben“? Interview: Claus Schmidt-Eckertz Foto: Reinhard Musold Ich habe immer versucht, die Füße fest am Boden zu halten. Dabei hat mir zum Beispiel geholfen, dass ich noch immer im selben Haus wohne und mit denselben Mitbewohnern wie zu DDR-Zeiten, dass ich in dieselbe Stammkneipe gehe und im Fußballstadion noch immer am gleichen Platz stehe. Aber natürlich gab es auch Po- litiker, die für mich wichtig waren. Ganz besonders Manfred Stolpe, mein Vorgänger als Ministerpräsident, und Regine Hilde- brandt, unsere langjährige Sozialministe- rin. Mit ihrer Wärme und Menschlichkeit, aber auch mit ihrer Beharrlichkeit, wenn es Widerstände gab, sind beide für mich per- sönlich und in meiner Arbeit sehr wichtig. Was war in Ihrer politischen Tätigkeit das Wichtigste, das Sie erreicht haben? Die Entwicklung unseres Landes! Die Arbeitslosenzahlen in Brandenburg sind deutlich zurückgegangen, die Wirtschaft wächst, wir sind Vorreiter bei Erneuerbaren Energien und haben keine neuen Schulden in letzten Jahren aufgenommen. Es gibt viele Möglichkeiten für Brandenburgerinnen und Brandenburger, sich in unserem Land selbst zu verwirklichen. Und vor allem: Fast alle hier würden Brandenburg mit keinem an- deren Bundesland tauschen. Da geht nichts drüber. Jedenfalls ist die Politiker- bzw. Wahl- verdrossenheit groß. Was wollen Sie per- sönlich dagegen tun? Moment! Ich teile Ihre Einschätzung nicht durchweg. In vielen Regionen haben wir aktive Bürgerbewegungen. Das ist ge- lebte Demokratie. Wir haben auch deshalb in dieser Wahlperiode die Hürden für Mit- bestimmung gesenkt. Richtig aber ist, dass die reine Wahlbeteiligung nicht immer so ist, wie das der Verantwortung der Abge- ordneten eigentlich entspricht. Und da sage ich: Politik muss den Menschen reinen Wein einschenken. Ehrlichkeit und Wahrhaftig- keit sind die besten Mittel auch gegen zu ge- ringe Wahlbeteiligungen. Dazu kommt: Gut zuhören und so handeln, wie man redet. Fühlen Sie sich als Politiker und/oder Ministerpräsident von den Medien ei- gentlich fair behandelt? Zum Beispiel bei den Problemen mit dem BER? Als Politiker muss man manches aushal- ten können. Es ist die Aufgabe von Medien, politische Entscheidungen kritisch zu hin- terfragen. Natürlich ärgere ich mich manch- mal über Dinge, die ich in der Zeitung lese oder im Fernsehen sehe. Aber damit muss ich leben – und das kann ich auch. Etwas persönlich gefragt: Wie halten Sie es mit der Demokratie in der eigenen Familie? Da müssen Sie meine Familie fragen… Was treibt Matthias Platzeck in sei- ner freien Zeit? Wie halten Sie sich fit und tanken Sie Kraft? Die wenige Freizeit, die bislang blieb, hab` ich so weit wie nur irgendwie möglich mit meiner Familie verbracht. Daran wird sich auch jetzt nichts ändern. Morgens lau- fe ich regelmäßig und wenn irgendwo Zeit bleibt, gehe ich ins Kino oder nehme ich ein gutes Buch zur Hand. Gern auch Biografien. Herr Platzeck, das neue Werbemotto unserer Gemeinde lautet: Das Glück liegt so nah! Welche Vorstellung verbinden Sie mit dem Begriff Glück? Ich empfinde Glück, für Getanes Zu- spruch zu erhalten. nach gefragt 26

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