Mühlenspiegel 3
24 naturschutz D ie Bürgerinitiative gründete sich im September 2006 mit dem Ziel, den innerörtlichen Baumschutz, wie Fällgenehmigungen, in die Hoheit unserer Gemeinde zu nehmen. Zuständig war zu diesem Zeitpunkt der Landkreis Oberha- vel, der weitestgehend von Oranienburg aus die Baumfällungen und Ersatzpflanzungen kontrollierte. Mit der eigenen Baumschutz- satzung, die den Schutz von Bäumen und Sträuchern und Festlegungen von Nach- pflanzungen regelt, war von nun an die Ge- meinde selbst in der Verantwortung. Was sich seit dieser Zeit bewegt hat, fragten wir Dr. Barbara Nöbel und Dr. Al- win Schuster, Mitglieder der Bürgerinitiati- ve Baumschutz Kommunal. Frau Dr. Nöbel, was motiviert Sie, sich besonders für Bäume einzusetzen? Es wird kaum und häufig nur oberfläch- lich zur Kenntnis genommen, was Bäume leisten. Ein Großbaum bindet täglich im Durchschnitt ca. 6 Kilogramm Kohlendi- oxid und gibt im Gegenzug ca. 5 Kilogramm Sauerstoff an die Luft zurück. Ist das nicht ein Grund, unsere Bäume zu schützen? Fehlt es allgemein an gutemWillen? Wir sind überzeugt, dass der Erhalt, die Pflege und die Zunahme der Bäume vor unserer Haustür unser ureigenster Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz ist und dass unsere Verantwortung hier, wo wir wohnen, beginnt und nicht unbedingt in fernen Län- dern. Aber das ist, ehrlich gesagt, ein schwe- res Stück Überzeugungsarbeit, das da geleis- tet werden muss. Viele Menschen schätzen Bäume nicht, denn es werden Arbeit und Kosten damit verbunden. Bäume sind aber keine unbelebten Objekte, mit denen be- liebig umgegangen werden kann. Es ist ein mühsames Geschäft, das Denken anderer Menschen umzustimmen. Der Umweltgedanke, so Dr. Schuster, sollte von der Gemeinde aufgegriffen und mit Nachdruck verfolgt werden. Damit bekäme auch der Baumschutz noch einen anderen Stellenwert. Die Bäume sind ein Schatz unserer Gemeinde. Hier ist das Grün etwas Besonderes und es prägt unser Orts- bild. Aber wir als Bürgerinitiative sind be- sorgt, wenn bei Baumaßnahmen, sei es der private Hausbau oder auch der Straßenbau, erhaltenswerte Bäume gefällt werden. Aktuell scheiden sich ja im wahrsten Sinne die Meinungen der Gelehrten am Baumbestand in der Schildower Mönch- mühlenstraße. Die 60-jährigen Pappeln, die entlang des Feldweges inzwischen eine eher lückenhafte Allee bilden, bedürfen einer Sa- nierung und auch Fällungen sind aus Ver- kehrssicherheitsgründen vorgesehen. Mit welchen Argumenten, Herr Dr. Schuster, spricht sich die Bürgerinitiative für den Erhalt der Baumreihe aus? Diese Pappelreihe ist ein Symbol in der Schildower Landschaft und verbindet auf einzigartige Weise die beiden Siedlungsge- biete. Die maximale biologische Leistung, die eben bei alten Bäumen am höchsten ist, soll so lange wie möglich erhalten blei- ben. Durch einen fachgerechten Rückschnitt einzelner gefährdeter Bäume, die Pappeln vertragen dies ohne weiteres, kann der Be- stand noch weitere Jahre bewahrt werden. Wir setzen auf Pflege und Erhaltung. Daher können wir uns dem vorgelegten Gutachten der Gemeinde nicht anschließen, zumal ein von uns beauftragtes Nachgutachten einzel- ner ausgewählter Bäume zu anderen Ergeb- nissen kam. Es gibt kritische Stimmen, die Kom- promisse in dieser Sache fordern und über allen Baumschutz hinweg der Ver- kehrssicherheit Vorrang geben. Wo sind Sie kompromissbereit? Zu unseren Zielen gehört es, dass krän- kelnde Bäume nicht übereilt gefällt, sondern durch fachgerechte Erhaltungs- und Sanie- rungsmaßnahmen gepflegt werden. Es wird Gespräche geben und wir möchten einen konstruktiven Meinungsaustausch, der der Sache dienen soll. Verkehrssicherheit, so Dr. Schuster, ist immer wichtig, sollte aber nicht als vorgeschobenes Argument genutzt werden. Eine negative Überraschung erfuhr die Bürgerinitiative jedoch jetzt durch den Naturschutzbeirat: es wurden bereits die Fällungen für 69 Pappeln beantragt. Ein schöner Begriff, der sich auf Ihrer Homepage baumschutz-kommunal.jim- do.com befindet, ist Baumfreund. Was oder wer ist ein Baumfreund? Er ist zunächst ein Mensch wie andere auch, erläutert Frau Dr. Nöbel. Er begeistert sich im Frühjahr am frischen Grün und an der Baumblüte. Er ist im Sommer weniger erfreut über die vielen Baumsamen, z.B. von Birken, Linden oder Kiefern, die oftmals in der Suppe schwimmen, wenn die Mahlzeit auf der Terrasse eingenommen wird. Im Herbst, wenn Blätter, Nadeln und Eicheln fallen, da ächzt auch der Baumfreund über die viele Arbeit. Aber er weiß auch, dass Bäume ein ganz lebensnotwendiger Teil un- serer Umwelt sind, Staub filtern, Schatten spenden und das Klima positiv beeinflussen. Herr Dr. Schuster, was haben Sie bis- her erreicht? Wir haben Teilerfolge erzielt, indem wir über die Einführung der gemeindli- chen Gehölzschutzsatzung viele Mitbürger, wenn auch nicht überzeugt, so doch für den Baumschutz sensibilisiert haben. Seit 2008 wird gemeinsam mit der Verwaltung der „Tag des Baumes“ am 25. April begangen und der jeweilige Baum des Jahres in Ki- tas oder auf öffentlichen Flächen gepflanzt. Mancher Straßenbaum konnte vor der Fäl- lung gerettet werden, z.B. in der Schildower Mozartstraße. Mit interessanten Ausstel- lungen, u.a. mit den Titel „Mit Bäumen le- ben?“, „Naturwunder Baum“ und „Bäume in Zühlsdorf“ haben wir in der Öffentlich- keit für das Thema geworben . Was wünscht sich der Baumfreund?, möchten wir abschließend wissen? Wir wünschen uns eine starke Lobby, gleichgesinnte Menschen, die neue Ideen einbringen und sich neue Wege der Wis- sensvermittlung und Überzeugungsarbeit vorstellen können, um Menschen, denen Bäume völlig gleichgültig oder lästig sind, zu Baumfreunden zu machen. Weiterhin wün- schen wir uns eine kollegiale Zusammenar- beit mit der Gemeindeverwaltung. Freunde der Bäume Ein Gespräch mit Dr. Barbara Nöbel und Dr. Alwin Schuster von „Baumschutz-Kommunal“ www.baumschutz-kommunal.jimdo.com Tel. Dr. Alwin Schuster: (033056) 81172 Text: Gudrun Engelke Foto: Gudrun Engelke
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