Mühlenspiegel 1

kulturspiegel 8 sport i l D as wöchentliche Training der Rad- ballspieler vom Sportverein Müh- lenbeck 47 in der Turnhalle der Grundschule des Ortes beginnt stets mit zahlreichen Übungen zur Verbesserung der körperlichen Kondition und techni- schen Perfektion. Gegenwärtig gehören zum Männerbe- reich 18 bis 20 Sportkameraden im Alter zwischen 22 und 56 Jahren. Zwei Män- nermannschaften spielen in der Oberliga, eine Mannschaft ist in der Verbandsliga vertreten und vier Teams kämpfen in der Landesliga. Der Jugendbereich zählt zehn Schüler und Jugendliche. Sie werden vom Sport- freund Hubertus Willberger, selbst Spieler in der Oberliga, fachmännisch betreut. Zwei Jugendmannschaften haben es bereits in die Landesliga geschafft. Der Ball, mit dem gespielt wird, be- steht aus Stoff und hat einen Durchmesser von 16 bis 18 Zentimetern, ist mit Rosshaar gefüllt und wiegt 500 bis 600 Gramm. Das Team besteht aus einem Feldspieler und dem Torwart, wobei die Zuordnung wech- seln kann. Beim Angriff spielen beide Spie- ler zusammen, dabei müssen die Füße an den Pedalen und die Hände am Lenker sein. Nur der Spie- ler im Tor kann zum Halten der Schüsse die Hände benut- zen. Die Spielzeit beträgt 2 x 7 Minuten, das Spielfeld ist 14 x 11 Meter groß. Von meinem Gesprächs- partner Dieter Iden, der bis 2011 Vorsitzender des Sport- vereins SV Mühlenbeck war, erfuhr ich viel Interessantes zur Geschichte des Mühlenbe- cker Radsports. Diese Sport- art hat bereits eine 110-jährige Tradition in unserer Gemeinde. Sie begann 1902 mit der Gründung des Radfahrervereins „Schwalbe Mühlenbeck“. Die damaligen Pedalritter pflegten be- sonders das zu jener Zeit beliebte Kunst- reigenfahren. Zu den Pionieren gehörten die Familien Bruckmann und Grothe, die Gebrüder Lüpnitz, der Stellmacher Wege- ner, Fritz Stock, Bauer Ebel und Helmut Kremmin. Während des Ersten Weltkrieges stan- den die Räder still. Im 1924 gegründeten Arbeiterverein „Solidarität“ feierte der Radsport seine Auferstehung. 1930 wurde der Radball als offizielle Sportart von der UIC, der Internationalen Sportunion, an- erkannt. Bruckmanns Söhne eroberten in dieser Zeit sogar den brandenburgischen Vizemeistertitel. Von den Nationalsozialisten wurde der Arbeitersportverein „Solidarität“ ver- boten. 1933 wurden sogar die Räder be- schlagnahmt. Drei Jahre nach Kriegsende erweck- ten die Getreuen um Helmut Bruckmann den Radsport wieder zum Leben. Die alten Traditionen wurden weitergeführt. Auch Erfolge blieben nicht aus. 1956 stiegen die Männer in die Bezirksliga auf, 1958 in die Verbandsliga. Traurig sah es in der Wendezeit aus. Für billiges Geld kaufte der SV Mühlen- beck vom aufgelösten Verein „Post Berlin“ alte Räder, aber das Material war marode und die Freude dauerte nicht lange. Zum Glück konnten mit finanzieller Unterstüt- zung des Landratsamtes neue Räder ge- kauft werden. Das Geld war gut angelegt, die Investitionen zahlen sich aus. Nach meinem Besuch stelle ich fest: Ein- fach ist es nicht, die speziellen Fahrräder mit den nach vorn gekrümmten Lenkern im Griff zu haben - notwendig ist dazu vor allem eine große Körperbeherrschung. Das Rad hat keine Bremsen und mit ihm kann man sowohl vorwärts als auch rückwärts- fahren. Die Räder gehören den Sportfreun- den. Der Erwerb ist kostenintensiv; bis zu 1400 Euro müssen dafür auf den Tisch des Hauses gelegt werden. Die Kommune zahlt Zuschüsse zum Fahrradkauf. Abschließend sagt Dieter Iden: „Radball hat in Mühlenbeck eine Familientraditi- on. Meistens nimmt der Vater seinen Fi- lius mit zum Training und aus dem ersten Schnupperbesuch wird oft eine regelmäßige Teilnahme.“ Wer Interesse hat, kommt zum Training der Männer (diens- tags ab 19:30 Uhr) bzw. der Teenies (freitags ab 17:00 Uhr) in die Turnhalle der Mühlen- becker Grundschule. Die lange Geschichte der Radballer von Mühlenbeck Wie Fußball, nur anders Mühlenbecker Radballersport mit Geschichte: Reigenfahren um 1930 (Foto: privat) www.radballer.de Text : Doris Krohn Foto s: Reinhard Musold

RkJQdWJsaXNoZXIy NzY5NzY=