Mühlenspiegel 1

32 glücks bringer D er Schornsteinfeger ist ein Experte für Betriebs- und Brandsicherheit, in Umwelt- und Energiefragen. Er kontrolliert Schornsteine, prüft Öl- und Gasfeuerstätten und berät Hausbesitzer. Bezirksschornsteinfegermeister Lutz Tor- now war unser Gesprächspartner. Im Januar 2013 feiern Sie Ihr 25-jäh- riges Dienstjubiläum als Bezirksschorn- steinfeger-Meister imKehrbezirk Bergfel- de. Was war für Sie das einschneidendste Ereignis in diesem Vierteljahrhundert ? Ohne Frage die Wende und die damit verbundene „technische Revolution“. Bis da- hin hatten wir überwiegend die Braunkohle. Plötzlich wollten alle ihre Haushalte mit Öl- oder Gasheizungen ausrüsten. Wir mussten uns in vielen Weiterbildungsseminaren mit der neuen Technik vertraut machen, um die Kunden kompetent beraten zu können. Im Prinzip galt es dann, jedes Grundstück anzulaufen, um die Bedingungen für einen modernen Heizungsumbau festzustellen. Ohne Übertreibung konnte man in der Zeit von einer flächendeckenden Modernisie- rung sprechen. Ihr Wirkungsbereich umfasst zirka 3000 Häuser in Bergfelde, Schönfließ, Mühlenbeck und Schildow. Wie schaffen Sie das? Nach der neuen Kehr- und Überprü- fungsordnung von 2008 sind nicht alle Heizungsanlagen jährlich zu überprüfen. Verschiedene Gas- und Ölheizungen sind nur alle zwei bzw. drei Jahre dran. Eine Aus- nahme bilden die sogenannten „schwarzen Schornsteine“ für Kaminöfen. Das betrifft in unserem Bezirk etwa 150 Haushalte, die ausschließlich feste Brennstoffe verwenden. In diesen Fällen kommt der Schornsteinfe- ger bis zu dreimal jährlich. Die vorgeschrie- benen Prüfungen sind für alle Feuerstätten genauso wichtig, wie der TÜV beim Auto. Dank moderner Computertechnik gibt es seit Jahren für unseren Kehrbezirk einen festgelegten Tourenplan, der fast auf einen Tag genau wiederkehrende Termine beim Kunden gewährleistet. Meine Arbeit selbst hat sich sehr verändert. Auch heute klettern wir zwar noch auf Dächer, aber die Arbeit ist deutlich sauberer geworden, weil die Feu- erstätten und Brennstoffe erheblich besser sind und die Schornsteine nicht mehr so ver- rußen. Dass man rabenschwarz nach Hause kommt ist selten. Planung und Organisati- on sowie die verlangten umfangreichen Do- kumentationen binden mich zu 70 Prozent an den Schreibtisch. Hat der Beruf des Schornsteinfegers eine Zukunft? Den Beruf im ursprünglichen Sinn gibt es nicht mehr. Schornsteinreinigung, Abgas- Der Feger Lutz Tornow - Unser TÜV für die Heizung wegüberprüfungen, Emissionsmessungen, hoheitliche Aufgaben und die Kontrolle von vertikalen Abgasanlagen verlangen eine ständige Weiterbildung auch auf den Gebieten wie Umweltschutz und Energieein- sparung. Mit der dreijährigen Lehrzeit allein ist das nicht getan. Mein Geselle Christoph Wetzel ist dafür ein gutes Beispiel. Auf Christoph bin ich sehr stolz. Er hat gerade seine Meisterprüfung bestanden, büffelt jetzt auf der Abendschule für das Abitur. Danach beginnt er vielleicht ein Studium. Auch Mädchen können auf diesem Tätig- keitsfeld Karriere machen. Ich denke dabei an Anke, eine junge Frau aus Lehnitz. Nach der dreijährigen Lehrzeit absolvierte sie die Handwerksmeisterausbildung und ein Ingenieurstudium. Heute ist sie mit Erfolg im Bereich Gebäudemanagement tätig. Mit dem Nachwuchs sieht es ansonsten nicht so rosig aus. Im Land Brandenburg arbeiten 250 Bezirksschornsteinfegermeister. Die Bundesregierung hat das deutsche Schornsteinfegerrecht erneut geändert. Ab Januar 2013 tritt eine Neuregelung in Kraft. Was bedeutet das? Ab Januar 2013 wird das Binnenarbeits- verbot für deutsche Schornsteinfeger aufge- hoben. Wir heißen dann auch nicht mehr „Bezirksschornsteinfegermeister“, sondern „Bevollmächtigter Schornsteinfeger“, aber das nur nebenbei. Gegenwärtig kann ein Schornsteinfegermeister nur im eigenen Kehrbezirk arbeiten. Das ändert sich zu Beginn des nächsten Jahres. Aber für mich persönlich wird das keine großen Auswir- kungen haben. Es gibt hier im Kehrbezirk genug zu tun. Neu ist auch, dass man sich alle sieben Jahre beim Wirtschaftsministe- rium erneut für die Stelle bewerben muss. 2014 muss ich das tun. Was wünscht sich eigentlich ein „Glücksbringer“? Vor allem, dass wir, meine Familie und ich gesund bleiben und dass ich meine Ar- beit behalte, denn sie macht mir trotz vie- ler Herausforderungen und Veränderungen nach wie vor Spaß. Auch künftig werde ich Hochzeitspaaren den Wunsch erfüllen, als Schornsteinfeger einer Trauung beizuwoh- nen oder auch bei Kunden Lottoscheine aus- füllen. Ob es hilft, weiß ich nicht! Aber jetzt freue ich mich erst einmal auf den Urlaub. Dieses Jahr geht es mit dem Motorrad an den Lago Maggiore, ins Valle Vigezzo zum internationalen Schornsteinfegertreffen. www.lutz-tornow.de Interview: Doris Krohn Foto : Lutz Tornow

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