Mühlenspiegel 1

23 land leben www.schoenfliess.de Text: Doris Krohn Foto : Reinhard Musold (l), Pocko/Fotolia (o) mit Schnabelklappern einher. Der Weiß- storch gilt als Glücksbringer, der Sage nach bringt er die Babys. Überall in Deutschland und anliegenden Ländern ist der Klapper- storch das Symbol der Fruchtbarkeit, des Glücks und des Wohlstands. „Wo kriegen wir die Kinder her, wenn Meister Klapper- storch nicht wär?“, fragte sich schon der Dichter Wilhelm Busch und machte deut- lich, was die Hauptrolle des Storches in der deutschsprachigen Folklore war. Wünschte sich eine Frau Nachwuchs, so pflegte sie ein Stück Zucker auf die Fensterbank zu legen, um Meister Adebar gnädig zu stimmen. Wie auch immer! Die Störche im Müh- lenbecker Land werden ihrer Rolle voll ge- recht zählte die Bevölkerung beim Zusam- menschluss der Gemeinden Mühlenbeck, Schildow, Schönfließ und Zühlsdorf am 26. Oktober 2003 knapp 13 000 Bürger, so sind heute 14 300 Menschen hier zuhause. Nach Prognosen des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg soll ihre Zahl bis 2030 auf 15.500 Einwohner anwachsen. Ob die überlieferte Sage um Meister Adebar ein Grund für die positive Bevölke- rungsentwicklung in unserem Territorium ist, ist noch unklar. Falls es mit den statisti- schen Berechnungen nicht so richtig klap- pen sollte, bleibt ja immer noch der Trick mit dem Zucker. Das Federkleid der Störche besticht durch den Kon- trast von Weiß und Schwarz, vor dem das leuchtende Rot des Schnabels umso mehr zur Geltung kommt Guten Tag, du Baum, du bist aber dick! Meine Oma sagt immer, dick ist nicht ge- sund. Das soll deine Oma mal deinem Opa sagen. Bei uns Bäumen ist ein dicker Stamm ein Zeichen für ein hohes Alter bei guter Gesundheit. Da bist Du wohl schon ziemlich alt? Naja, wie man’s nimmt. Ich glaube, so um die 150 Jahre werden es schon sein. Phhh. Was machst du denn so den ganzen Tag, wenn du immer an der gleichen Stelle stehen musst? Ist das nicht langweilig? Na du bist vielleicht ulkig! Ich arbeite schließlich schwer. Du arbeitest? Wie soll denn das aus- sehen? Frag‘ mal deine Eltern oder deine Oma oder besser noch deinen Lehrer. Ich habe ja schließlich noch einen unter- irdischen Teil, nämlich meine Wurzeln, und die versorgen mich mit Wasser. Schau mich an, über 20 Meter hoch muss es verteilt werden. Das ist ja toll! Was machst du denn damit? Ich bin so etwas wie eine Solaranlage. Aber ich liefere keinen Strom, sondern Sauerstoff. Solaranlagen kenne ich. Unser Nach- bar hat welche auf seinem Dach. Aber du hast ja gar keine, du schwindelst. Ich habe doch meine Blätter, meine schönen grünen Blätter. Die wandeln Wasser aus der Erde und Kohlendioxid aus der Luft in Zucker um, und zwar mithilfe des Sonnenlichts. Dabei ent- steht Sauerstoff und den gebe ich an die Luft weiter. Den Zucker verbrauche ich für mich, um zu wachsen und zu leben. Sag‘ mal, der Sauerstoff, den du machst, ist das der, den ich einatme? Ja, genau so ist es. Und was atme ich im Winter, wenn du keine Blätter hast? Den Sauerstoff von den Bäumen und Grünpflanzen, die anderswo leben. Ihr Bäume seid aber klug. Ja, und ich mache noch viel mehr. Ich sauge mit meinen Blättern riesige Men- gen Staub und Abgase aus der Luft, damit du nicht zu viel davon einat- mest. Aber immer auf der gleichen Stel- le stehen, muss doch trotzdem sehr langweilig sein. Du hast ja noch nicht mal ein Handy. Dafür habe ich viele Besucher. Siehst du das Loch hier im Stamm? Dort hat vor kur- zem ein Specht gebrütet, als Nachmieter kam dann die Hohltaube und weiter oben tummeln sich die Finken. Aber auch Eichhörn- chen besuchen mich gerne und so wie du, auch Menschen. Aber im Herbst wirfst du deine Blät- ter ab und ich muss die dann immer zusammenfegen. Das ist vielleicht lästig. Meine Oma sagt immer, man wirft nichts auf den Boden. Mach‘ mir einen anderen Vorschlag. Schließlich ist es hier im Winter kalt und der Boden oft gefroren. Da kann ich meine Blätter nicht ernähren und halte einfach Winterruhe. Im Winter sieht man aber dafür, wie schön ich ge- wachsen bin, findest du nicht auch? Mensch Baum, du bist ja ein ganz toller Kerl. Ich muss dich gleich mal umarmen. Huch, meine Arme reichen ja gar nicht um dich herum. Sag‘ mal, hast du denn auch Wünsche? Weißt du, ich habe nun schon lange meine Aufgabe in der Natur erfüllt und den Menschen rund um mich her- um wirklich treu gedient. Da denke ich, ich verdiene es, dass ich noch so lange stehen bleiben darf, bis ich von selbst nicht mehr will oder kann. Meinst du nicht, dass ich als Baum nicht auch in Würde alt werden darf? Oh ja, bestimmt! Ich werde das gleich mit meiner Uroma besprechen. Die ist fast so alt wie du und hat auch kein Handy. Tschüss Baum, ich komme bald mal wieder vorbei. Die Autorin Dr. Barbara Nöbel lebt im Ortsteil Schildow und ist Mitglied der Bürgerinitiative Baumschutz Kommunal. Kontakt zur Bürgerinitive: Dr. Alwin Schuster, Fon: (033056) 81172 Foto: Carola Vahldiek Das Kind und der Baum Belauscht und aufgeschrieben von Barabara Nöbel

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